Imaginationsübungen wirken kraftspendend und geben Schutz und Sicherheit. Zudem verschaffen sie die Möglichkeit, sich von belastenden Gefühlen und Situationen zu distanzieren und bieten Zugang zur Selbstfürsorge und realistischen Selbsteinschätzung. Dabei unterstützen sie die Innenkommunikation und den Zugang zu längst verschütteten Emotionen. Vor allem aber können Imaginationsübungen – in schwierigen Situationen angewandt – helfen, stabil zu bleiben. Damit sind sie – im Gegensatz zu Meditationen, die z.B. bei Traumafolgestörungen kontraindiziert sind – auch in psychisch instabilen Situationen geeignet. Emotionale Krisensituationen können mit ihrer Hilfe besser kontrolliert und beeinflusst werden. Darüber hinaus unterstützen sie eine konsequente Ressourcenorientierung, indem sie den Zugang zu Ihren inneren Ressourcen ebnen. Imaginationsübungen sind somit keine reinen Entspannungsübungen. Sie dienen zur Beruhigung, aber gleichzeitig zum mentalen Training.
Aber auch Imaginationen haben ihre Grenzen und zeigen bei manchen Patienten keine Wirkung. Im Gegenteil: Im schlimmsten Fall tritt eine Verschlechterung des Zustandes ein, wodurch Anspannung sowie Angst stark ansteigen können.
Wenn Sie
davon betroffen sein sollten, zweifeln Sie bitte nicht an Ihrer Kompetenz oder
Ihrer Motivation. Brechen Sie jedoch sofort ab und bewegen Sie sich, falls es
Ihnen während der Übung schlechter gehen sollte. Wenn Sie eine Therapie machen,
suchen Sie das Gespräch mit Ihrer Therapeutin, um herauszubekommen, was Sie
aktuell an Ihrer Imaginationsfähigkeit hindert.
Stellen Sie sich u.a. folgende
Fragen:
- Liegt es an der Übung selbst?
- Ist in der Übung etwas Schlimmes
passiert?
- Sind dunkle Gestalten oder gar Flashbacks aufgetaucht?
- Ist das
Vertrauen zum Therapeuten oder zur Gruppe stimmig?
- Komme ich mit dem Raum und
der Umgebung klar?
- Oder war es zu kalt oder zu heiß?
- Gab es störende Geräusche?
- Liegt es an meinem aktuellen Befinden?
- Wie geht es mir körperlich und seelisch?
- Bin ich noch zu angespannt?
- Habe ich noch schädigende Kontakte, die es mir
unmöglich machen, mich sicher zu fühlen oder mich auf die Übung einzulassen?
- Oder gibt es in der Übung Begriffe, Worte, Sätze, die mich triggern oder
belasten?
In letzterem Fall ist es sinnvoll, die Imaginationsübung gemeinsam mit Ihrer
Therapeutin durchzugehen und entsprechend umzuschreiben. Üben Sie dann die
Imagination mit Unterstützung Ihrer Therapeutin in einer Einzelstunde ein. So
können Sie am besten überprüfen, ob der Wortlaut nun stimmig und unbelastet
genug ist, um positive Assoziationen wecken zu können.
Wenn Sie grundsätzlich Probleme
mit Imaginationsübungen haben, sollten Sie sich darüber hinaus folgende Fragen
stellen:
a) „Habe ich Angst vor Kontrollverlust?“,
b) „Kann ich mich konzentrieren?“.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich nochmals mit der eigenen Selbstkontrolle
und dem Skills-Management zu beschäftigen.
Überprüfen Sie, ob Sie sich auf eine
Übung fokussieren und die Aufmerksamkeit halten können.
Wenn dies nicht gelingt,
kann es zum einen mit einer völligen Erschöpfung zusammenhängen. Dann brauchen
Sie erst einmal viel Ruhe.
Zum anderen kann es jedoch auch daran liegen, dass
Sie zu aufgeregt sind und erst einmal zur Ruhe kommen müssen. Dann sollten Sie
sich erst einmal bewegen, um später eine gewisse Ruhe und
Konzentrationsfähigkeit entwickeln zu können. Denken Sie dabei auch an Ihre
Skills, mit denen Sie sich beruhigen und entspannen können.
Bitte denken Sie zudem daran, dass die Imaginationen umso besser wirken, je mehr sie
geübt werden. Daher bitte ich Sie, anfangs nicht zu viel von sich zu erwarten.
Haben Sie Geduld – mit sich selbst und der Unmenge an neuem Material, das es zu
beherrschen gilt. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Imaginationen irgendwann zur
Routine werden. Spätestens dann sind Sie in der Lage, diese automatisch in
Krisen und Notsituationen einzusetzen. Nicht zuletzt können Sie die bisher
erlernten Imaginationsübungen auch auf Ihre Bedürfnisse hin ausrichten, um-
oder ausbauen. Wenn Ihnen ein Thema fehlt und Sie weitere innere Unterstützung
benötigen, können Sie Ihre eigenen Übungen erfinden und entwickeln.
Wichtig ist
dabei vor allem eines: Die Imaginationsübungen sind dazu da, um Ihnen helfen.
Sie wurden nicht erfunden und weiterentwickelt, um zu überprüfen, ob Sie durch-
und aushalten können. Daher entscheiden Sie persönlich, ob und welche
Imaginationsübungen in Ihr Programm aufgenommen werden.