Um
die Sinnhaftigkeit und damit den Erfolg eines
Wiedereingliederungsprogramms zu überprüfen, sollte die obige Frage
vorab
- vor allem im Sinne des Betroffenen - ehrlich und offen geklärt
werden. Bitte gehen Sie jedoch als Betroffene/r davon aus, dass Sie zur
Klärung der Frage Unterstützung benötigen, denn letztlich ist dies eine
hoch-emotionale und manchmal auch existentielle Frage, die nach einer
schweren Erkrankung geklärt werden muss. Daher ist es gut, sich von
ärztlicher und/oder therapeutischer bzw. sozialrechtlicher Seite
unterstützen zu lassen.
Ist
der Betroffene, bin ich den Anforderungen an seinem alten Arbeitsplatz
überhaupt noch gewachsen nach der schweren Krankheit, oder muss nicht
grundsätzlich nach einer anderen Lösung gesucht werden?
Z.B. hat
sich bei psychischen Problemen das Wiedereingliederungsprogramm
bewährt, wenn die "weichen" Arbeitsplatzbedingungen (Atmosphäre,
Stimmung etc.) stimmten. Sobald jedoch klar ist, dass Spanungen oder
Konflikte im Unternehmen bzw. rund um den Arbeitsplatz nicht bereinigt
werden können, ist das Rückfallrisiko für den Betroffenen zu groß. Einen
großen Stellenwert haben hier sicherlich Themen wie "Mobbing" und
"Arbeitsüberlastung".
Dies kann ich durch eigene Erfahrungen
bestätigen. Mein erster Versuch, mit dem Hamburger Modell wieder in
meinem Beruf einzusteigen, scheiterte aufgrund von Mobbingversuchen
meines Chefs. Mein Hausarzt beendete damals das Programm bereits nach
sechs Wochen, da es mir schnell wieder schlechter ging. Erst als mein
Chef nicht mehr im Unternehmen beschäftigt war (einige Monate später),
konnte ich das Wiedereingliederungsprogramm wieder aufnehmen und mit
Erfolg abschließen. Hier hatte ich natürlich Glück und genügend
Rückendeckung von seiten der Unternehmensleitung. Wäre mein Chef
geblieben, wäre mir nur die Kündigung übrig geblieben.
Daher:
Überprüfenn Sie mit Ihrem Arzt/Rehaberater/Sozialberater in Abstimmung
mit Ihrem Arbeitgeber, ob es realistisch ist, in dem bisherigen
Unternehmen gesund zu arbeiten oder ob nicht die Unternehmenssituation
an sich bereits krankheitsfördernd war und ist. Ein Arbeitsplatzwechsel
wäre dann eher anzuraten.
Bei Menschen, die vor ihrer Erkrankung
schwere körperliche Arbeit geleistet haben, und die nun trotz Genesung
diese garnicht mehr leisten können, ist ein Wiedereingliederungsprogramm
auch nicht unbedingt das Mittel der Wahl. Ideal wäre hier z.B. ein
unternehmensinterner Wechsel, z.B. von der Werkstatt oder der
Fabrikhalle in den Außendienst oder ins Büro.
Und bei ME/CFS stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit es realistisch ist, wieder in einen Vollzeitjob im Büro zurückzukehren. Hier sind wahrscheinlich eher Fragestellungen wie Heimarbeitsplatz, Kürzung der Arbeitszeit etc. zu klären anstatt an ein Wiedereingliederungsprogramm zu denken.
Dienstag, 21. Mai 2024
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