Gesunder Schlaf ist überlebenswichtig. Leider ist ausreichender und tiefer Schlaf in unserer Gesellschaft jedoch nicht mehr selbstverständlich. Viel zu viele Menschen leiden aufgrund von Stress unter Einschlaf- oder Durchschlafstörungen. Menschen mit ME/CFS und MCAS können wiederum aus unterschiedlichen Gründen, nicht ein- oder durchschlafen. Ursachen für Einschlaf- und Durchschlafstörungen liegen u.a. in zu hohen Histaminleveln durch Mastzellaktivierung, zu hohen Adrenalinspiegeln, einer zu schweren Erschöpfung oder Nebennierenproblemen. Nicht zuletzt ist auch das gestörte ANS für die Schlafstörungen verantwortlich. Daher ist guter Rat oft teuer.
Sie können Sie Ihren Schlaf
jedoch zum Teil aktiv und positiv beeinflussen. Je nachdem wie schwer Ihre
Schlafprobleme sind, gibt es unterschiedliche Strategien, um damit zurecht zu
kommen.
Das Schlafzimmer: Ein Ort der Ruhe
Fangen wir bei den Dingen an, die
Sie selbst beeinflussen können. Schauen Sie sich einmal in Ihrem Schlafzimmer
kritisch um. In vielen Familien wird dort alles Mögliche aufbewahrt, vom Koffer
bis zum Bügelbrett. Oft steht ein Schreibtisch genau neben dem Bett, was es
manchmal recht schwer macht, den Computer beizeiten auszuschalten. Versuchen
Sie, dies zu ändern. Richten Sie Ihr Schlafzimmer stattdessen als Ort der Ruhe
und Sicherheit ein. Alles, was die Ruhe stört, sollte in einem anderen Raum
stehen. Das gilt vor allem für TV-Geräte oder PCs. Gönnen Sie sich und Ihrem
Körper eine Auszeit von den elektrischen Geräten. Die einzige Ausnahme sollte
Ihr Telefon oder Smartphone sein – aber auch nur, wenn Sie es benötigen, um
sich dann sicherer zu fühlen. Was könnte Ihnen stattdessen guttun? Ein
Kuscheltier im Bett? Ein Nachtlicht? Ein Bild an der Wand, das Ihren
Lieblingsplatz zeigt? Geben Sie sich Zeit, ihr Schlafzimmer so einzurichten,
wie Sie sich es wünschen. Ziel ist, Ihren Schlaf und den Ihres Partners zu fördern.
Bitte achten Sie daher auch auf
ein gutes Bett, vor allem auf eine gute Matratze. Ihr Rücken soll es guthaben.
Wenn Sie Nackenprobleme haben, kann ein Nackenkissen ein Segen sein. Manchen
Leuten helfen auch Wärmeflaschen oder -decken. Anderen lieben sogenannte
Gewichtsdecken, während wiederum Dritte nur leichte Decken ertragen können.
Wenn Sie noch fernsehen können, streichen
Sie die Abend-Krimis aus Ihrem TV-Programm und gönnen sich stattdessen schöne,
wohltuende Filme. Sollten Sie Musik genießen können, hören Sie Musik, die Sie
entspannt. Vor allem aber sollten Sie spätestens eine Stunde vor dem
Schlafengehen auf TV, Computer und Smartphone verzichten. Das künstliche blaue
Licht, das diese Geräte ausstrahlen, verzögert Ihre innere Uhr und erschwert
das Einschlafen.
Bewegung und Entspannung
Auch Bewegung ist für den Schlaf
wichtig. Selbst wenn es nur einfache Yoga- oder Qi Gong-Übungen im Liegen sind,
versuchen Sie, täglich einige wenige Übungen zu machen. Das Bewegungspensum
sollte jedoch tagsüber ausgeübt werden und einige Stunden vor dem Schlafengehen
für den Tag beendet sein, damit der Körper zur Ruhe kommt. Stattdessen helfen
Imaginationsübungen sowie sanfte Körper- oder Entspannungsübungen zum „Runterkommen“.
Manche nutzen zudem Entspannungsmusik, andere benötigen die absolute Stille. Wenn
Sie mit Meditationen zurechtkommen, können Sie diese auch vor dem Zu-Bett-gehen
nutzen. Alles ist gut, wenn es Sie beruhigt und entspannt.
Keine anstrengenden Gespräche am Abend
Entspannung finden Sie jedoch nicht, wenn Sie abends noch anstrengende Telefonate oder Gespräche führen. Sie sollten diese daher ab einer gewissen Uhrzeit vermeiden. Gerade bei strittigen Themen regen Sie sich zu sehr auf. Der Stresspegel steigt dann automatisch an. In diesen Fällen wird es danach fast unmöglich sein, den Körper so weit zu beruhigen, um rechtzeitig einschlafen zu können. Auch führen solche Gespräche oft zu Grübeleien, die Sie dann völlig am Schlafen hindern. Wenn Sie vor lauter TO DOs den Schlaf nicht finden, helfen Ihnen vielleicht folgende Ideen, die ich für mich bereits seit langer Zeit umsetze.
Ich neige zum Grübeln. So haben mein Mann und ich besprochen, dass wir abends nach 20 Uhr nicht mehr über TO DOs und Probleme reden. Passiert es doch, gerate ich in einen Handlungszwang und gehe erst zu Bett, wenn das Problem erledigt ist. Oder ich fange an zu grübeln. Was mir ansonsten hilft: Ich schreibe alle Probleme, TO DOs etc. auf, die ich an dem Tag nicht mehr lösen oder erledigen kann. So gehen sie nicht verloren. Wichtig ist für mich auch, abends den Schreibtisch so aufzuräumen und meine Papiere zu ordnen, dass ich am nächsten Morgen keinen Schock bekomme – egal, wie viel zu tun ist. Oft mache ich auch vor dem Schlafengehen einige Imaginationsübungen (vorzugsweise die Gepäck-“ und die „Tresor-Übung“). Das alles gibt mir das Gefühl, mit gutem Gewissen schlafen gehen zu können. Früher, als ich noch arbeitete, hatte ich bei Stress immer einen Schreibblock am Bett liegen, sodass ich alles aufschreiben konnte, was mich nachts aufwachen ließ. Meist konnte ich dann getrost wieder einschlafen.
Rituale
Eine sehr schöne Idee zum
Einschlafen sind zudem die Sorgenpüppchen. Sie entstammen einer Legende, die in
Guatemala oder Mexiko ihren Ursprung hat. In der Regel sind sie ca. 5
Zentimeter groß und werden dort an Kinder verschenkt. Diese erzählen diesen
kleinen Puppen all ihre Sorgen und Ängste. Danach verstecken sie das Püppchen
unter ihrem Kopfkissen mit dem Ziel, eine Nacht darüber zu schlafen. Sie
glauben fest daran, dass am nächsten Morgen alle Sorgen und düstere Gedanken
verschwunden sind. Inzwischen wurde dieser Brauch auch in Europa übernommen.
Sie können Ihr Sorgenpüppchen auch selbst basteln (siehe hierzu Anleitungen).
Ich bin mir sicher, dass auch Erwachsene ein Sorgenpüppchen gebrauchen können,
sei es in Form einer Puppe oder eines Tagebuchs. Denken Sie darüber nach.
Gläubige beten vor dem Schlafengehen stattdessen zu ihrem Gott. Auch das
Nachtgebet ist eine Routine, die über viele Jahrhunderte gepflegt wird.
Mahlzeiten und Getränke am Abend
Mahlzeiten und Getränke können den Schlaf stark beeinflussen. Sie werden sicherlich besser schlafen, wenn Sie schwere Mahlzeiten am Abend vermeiden. Den meisten Menschen hilft es, spätabends nichts mehr zu essen. Anderen wie z.B. mir wird aus gesundheitlichen Gründen geraten, abends noch ein kleines „Spätstück“, eine kleine Mahlzeit mit Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett, zu mir zu nehmen. Schauen Sie, was Ihnen guttut. Und trinken Sie abends nicht zu viel. Sie werden sonst nachts des Öfteren aufstehen müssen, um auf die Toilette zu gehen.
Was Sie auf jeden Fall abends
oder sogar schon nachmittags vermeiden sollten, sind koffeinhaltige Getränke
wie Kaffee oder Cola. Gerade in Hinblick auf das Adrenalin ist grundsätzlich
sinnvoll, diesen Konsum zumindest einzuschränken. Auch Schwarz- oder Grüntee
kann zu Einschlafschwierigkeiten führen. Überprüfen Sie hier Ihre Gewohnheiten.
Inzwischen gibt es wohlschmeckenden koffeinfreien Kaffee. Teesorten wie
Baldrian, Melisse, Lavendel oder Johanniskraut beruhigen. Wenn möglich,
verzichten Sie bitte auch auf den Alkohol. Es mag widersprüchlich klingen, da
er bei vielen Menschen als Einschlafhelfer gilt. Gleichzeitig kann er jedoch
für einen unruhigen Schlaf verantwortlich sein. Die Gefahr, nachts öfters
aufzuwachen, ist daher groß. Darüber hinaus ist der Gewöhnungseffekt nicht
ungefährlich.
Schlafen Sie tagsüber weniger
Achten Sie zudem tagsüber auf
eine gute Schlafroutine. Gerade bei ME/CFS muss man sich tagsüber immer wieder
hinlegen. Aber ein Mittagsschlaf sollte – wenn möglich – mittags nach dem
Mittagessen stattfinden und nicht um 17 Uhr.
Medikamente und NEMs sind oft notwendig
Trotz all dieser Maßnahmen kann es vorkommen, dass Betroffene nicht ein- oder durchschlafen können. Dies kann u.a. auf Überforderung bzw. einen Crash zurückzuführen sein. Dann ist der Körper meist zu erschöpft bzw. zu sehr in der Hochspannung verortet, um zu schlafen. Wenn dann noch das Histaminfass hoch ist, ist für viele an Schlafen nicht zu denken. Medikamentöse Hilfe ist dann unabdingbar, die jedoch immer mit dem Facharzt abgesprochen werden sollte. In den Empfehlungen der Charité werden einige Medikamente aufgeführt. Auch Nahrungsergänzungsmittel wie Melatonin sind empfehlenswert, die teilweise in einer recht hohen Dosierung eingenommen werden.
Ich
persönlich profitiere z.B. sehr von Trazodon, einem Antidepressivum, das offlabel
und niedrig dosiert auch als Einschlafhilfe verschrieben wird. Wenn ich jedoch
einen Mastzellschub habe, leide ich oft unter einer interstitiellen Zystitis
und komme nachts einfach nicht zur Ruhe. Obwohl ich hundemüde bin, kann ich
nicht einschlafen. Meistens hilft mir dann eine Histakut-Ampulle, die ich
trinke. Für Betroffene ohne Salicylatintoleranz könnte sich auch Fenistil
eignen. Wenn dies jedoch nicht hilft, bleibt mir nur der Griff zu stärkeren
Medikamenten, wobei ich Bromazepam in niedrigster Dosierung einnehme.
Andere
MCAS-Betroffene schwören auf Tavor
(Lorazepam) oder Oxazepam. Ich achte dabei darauf, dass ich diese in nur bei
Bedarf einnehme. Wissenschaftliche Studien ergaben jedoch, dass das
Suchtpotential bei MCAS geringer ist.[i] Darüber hinaus gibt es auch
einige Nahrungsergänzungsmittel, die ausprobiert werden können - angefangen mit
dem guten alten Baldriantee bis hin zu Melatonin.
Machen Sie etwas Schönes
Wenn Sie einmal nicht einschlafen können oder zwischendurch wach werden, bleiben Sie – wenn möglich – bitte nicht in Ihrem Bett liegen. Ihr Bett und Ihr Schlafzimmer sollten Orte der Ruhe und Entspannung bleiben. Dies wird jedoch schwierig, wenn Sie sich nachts verzweifelt im Bett wälzen. Stehen Sie daher – wenn möglich - auf. Gehen Sie in einen anderen Raum. Machen Sie dort dann etwas Schönes, Beruhigendes. Ich selbst höre oft klassische Musik, schreibe oder male. Mandalas eignen sich z.B. sehr zur Beruhigung. Darüber hinaus helfen Imaginationsübungen wie die Tresorübung oder „Gepäck ablegen“, um Grübeleien zu beenden. Zum Wohlfühlen hilft der „Sichere Ort“ oder „Der innere Garten“.[2] Gehen Sie erst wieder zurück ins Schlafzimmer und ins Bett, wenn Sie müde genug sind.
Wirf den Stein von heute weg.
Vergiss und schlafe.
Wenn er Licht ist,
wirst du ihn morgen wiederfinden,
zur Dämmerzeit, in Sonne
verwandelt.
Juan Ramon Jiménez[ii]
[i] https://mcas-hope.de/mcas/therapie/, zuletzt aufgerufen am 16.02.2024