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Dienstag, 29. Oktober 2024

Der Schwergrad-Rechner für ME/CFS und Long/ Post Covid aus der Schweiz: FUNCAP


In der Schweiz wurde von Forschern ein Fragebogen inkl. Rechner entwickelt, um die funktionelle Leistungsfähigkeit bei ME und Long Covid feststellen zu können. Laut der schweizerischen Gesellschaft für ME/CFS eignet sich dieser Rechner damit u.a. für die klinische Diagnostik sowie zur Nachverfolgung des Krankheitsverlaufs. 

Sie finden den Fragebogen unter dem link https://sgme.ch/funcap.

Er enthält
- in der Langversion 55 und
- in der Kurzversion aus 27 Fragen.

Die lange Version dient zur erstmaligen Diagnose des Schweregrads. Die Kurzversion dient zur regelmässigen Verlaufskontrolle.

Ich selbst (in Deutschland moderat betroffen bei Bell 50 bis 60) habe diesen Fragebogen ausgefüllt und war sehr überrascht, da ich hier sehr viel höher eingeschätzt werden und als mild betroffen gelte.

Nachdem ich mir den Fragebogen nochmals genauer angeschaut habe, wurde mir aber auch klar, woran das liegt:

- Der Fragebogen ist unheimlich detailliert in den niedrigeren Bell-Graden. Je höher jedoch der Bell-Grad, desto größer die Referenzbereiche und desto weniger Fragen.


- Z.B. wird nach 2 h Schreibtischarbeit gefragt, dann sofort nach einem Tag. Es gibt keine Zwischenziele, also keine Fragen, ob man 3 h oder 4 h am Schreibtisch schafft. Auch wird danach gefragt, ob man 1 km gehen kann oder 15 min im Auto mitfahren. Aber es wird nicht danach gefragt, ob man länger gehen kann, längere Autofahrten schafft etc. etc.

- D.h. wer sich weiter unten befindet, erhält ein sehr klares Bild, weil dort noch sehr viele Fragen gestellt werden. Je weiter oben man sich befindet, desto schwieriger wird es. Damit wird er für Menschen, denen es etwas besser geht, unscharf und unklar.

- Darüber hinaus geht der Fragebogen bei ca. 50 Prozent der Leistungsfähigkeit von "mild betroffen" aus. Bei einem vergleichbaren Bell-Grad befindet man sich hier sehr viel weiter unten, nämlich bei Bell 30.

- Für Rentenanträge und Co. ist er m.E. auch nur bedingt geeignet.
Denn da ist in der Tat eine noch bestehende Arbeitsfähigkeit von 3 h am Tag entscheidend, die noch nicht einmal abgefragt wird etc.

- Da zudem nicht nach Symptomen gefragt wird, was in den internationalen Klassifizierungen nach Bell oder der Nice-Leitlinie der Fall ist, hat der Fragebogen einige Schwächen. Trotzdem hilft er sicherlich vielen Betroffenen, die schwerst oder schwer betroffen sind.

Freitag, 6. September 2024

Postinfektiöse Erkrankungen: Live-Webinar am 16. Oktober 2024


Die Charité Berlin und die Technische Universität München führen am 16. Oktober 2024 eine ärztliche Online-Fortbildung zum Thema ME/CFS, Post-COVID – postinfektiöse Erkrankungen durch. Die Veranstaltung findet in Form eines Webinars unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen (Charité Berlin) statt.

Die Teilnahme ist kostenlos.

Die Fortbildung ist bei der Ärztekammer Hamburg und bei der Österreichischen Akademie der Ärzte akkreditiert. Teilnehmende aus Deutschland können 4 und aus Österreich 3 Fortbildungspunkte erwerben. Neben der Live-Veranstaltung wird eine Lernerfolgskontrolle online angeboten.

Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS begleitet und unterstützt die Veranstaltung organisatorisch.

Die Fortbildung umfasst Vorträge von
- Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen (Charité Berlin),
- Prof. Dr. Uta Behrends (TU München/München Klinik),
- Dr. Kathrin Strom van’s Gravesande (Universität Freiburg),
- Dr. Kirsten Wittke (Charité Berlin) und
- Bettina Grande (Psychotherapeutin, Heidelberg).

Die Inhalte richten sich an Haus-, Kinder- und Fachärzt*innen.

Geben Sie den Link gerne an Ihre Ärzt*innen weiter,
damit möglichst viele von diesem Fortbildungsangebot über ME/CFS erfahren.

Und wie schon einige Male erwähnt gibt es die Fortbildungen auch on demand online von der Charité.

mecfs.de/onlinefortbildung

Mittwoch, 4. September 2024

Fatigatio-Fachtagung am 14.September 2024


Die jährliche Fachtagung des Fatigatio e.V. findet am 14. September unter der Schirmherrschaft von Robert-Martin Montag (MdL) in Fulda statt. Sie kann online verfolgt werden (die Teilnahmegebühr für Mitglieder beträgt 30,00 Euro, für Nichtmitglieder 40,00 Euro).

Bei Interesse können Sie sich über folgenden link anmelden.
Anmeldeschluss für die Fachtagung ist der 05. September 2024.

Das Motto der Veranstaltung lautet
"Mechanismen im Fokus: Energiehaushalt, Stoffwechsel und Post-Exertional Malaise bei ME/CFS"

U.a. wird

Prof. Dr. Bhupesh Prusty einen Vortrag mit dem Titel "Mitochondria as key players in ME/CFS pathogenesis" halten, also zu der Krankheitsentstehung bei der schweren Multisystemerkrankung ME/CFS. 

Alle weiteren Inhalte entnehmen Sie bitte dem Flyer



Dienstag, 6. August 2024

Medien-Guidline für Journalisten


In Bezug auf die Erkrankung ME/CFS herrschen nach wie vor zu viele Missverständnisse und Unwissen, was wiederum zu Fehlinformationen führt. Dabei sind auch einige Berichterstatter und Journalisten nicht ganz unschuldig, die zu wenig recherchieren und zu ungenau bzw. falsch formulieren.

Daher hat die Österreichische Gesellschaft für ME/CFS auf ihrer Website einen Medienguide veröffentlicht und weist dort nochmals ausdrücklich darauf hin, dass

a) der Begriff ME/CFS nicht eingedeutscht werden kann.
b) ME/CFS nicht selten vorkommt.
c) ME/CFSler nicht müde sind und daher Fotos von gähnenden Menschen absolut angebracht sind.
d) es genügend Beweise für den somatischen Ursprung der Erkrankung gibt.
e) ME/CFS nichts mit der krankheitsbegleitenden Fatigue bei Krebs oder MS zu tun hat.

Zudem gibt der Verein Tipps für Interviews mit Betroffenen.

Die Medien-Guidlines finden Sie unter https://mecfs.at/presse/#medienguidline

Sonntag, 4. August 2024

Neue Handouts von #Millions Missing für Angehörige, Behandler und Co.


Gerade weil ME/CFS nach wie vor viel zu unbekannt ist, existiert noch viel Unwissenheit. Fehlinformationen und Vorurteile sind häufig anzufinden.

Daher bietet auch der Verein #Millions Missing einige Handouts ein, um über die Erkrankung ME/CFS aufzuklären. Diese umfassen Basisinformationen zu ME/CFS sowie zu PEM/ PENE.

Die Handouts sind unter dem link http://bit.ly/handoutsMMD als Download erhältlich.



Donnerstag, 4. Juli 2024

Prof Dr. Stark: Noch Plätze frei beim Gruppen-Coaching!


Prof. Dr. Stark ist einer der wenigen Fachärzte in Deutschland, der sich mit ME/CFS und Post Covid tagtäglich intensiv auseinandersetzt. Er und sein Team setzen sich stark für die Belange der Erkrankten ein. U.a. bietet er auch ein Online-Genesungsprogramm an, über das ich bereits berichtet habe: Welche Online-Genesungsprogramme für ME/CFS sind empfehlenswert?

Dieses Online-Genesungsprogramm geht in eine neue Runde - und noch sind einzelne Plätze im Gruppen-Coaching frei. Dieses bietet sich v.a. für Neulinge an, die sich bisher noch nicht mit den unterschiedlichen Selbsthilfe-Maßnahmen und Übungen auseinandergesetzt habe, mit denen Betroffene ihr aus dem Lot geratenes
autonomes Nervensystem beeinflussen können.

Das Gruppencoaching auf einen Blick

  • Start: Dienstag, 09. Juli 2024

  • Dauer: 6-7 Monate, alle 2-3 Wochen dienstags von 17-18 Uhr

  • Umfang: Insgesamt 10x 60-minütige Gruppencoachings mit Prof. Dr. Stark persönlich!

  • Zugang: Teilnahme über ZOOM (per Handy, Tablet oder PC/Laptop möglich)

  • Aufzeichnung: Jede Sitzung wird aufgezeichnet und im Anschluss zur Verfügung gestellt.

  • Geschlossene Community: Jede Gruppe hat eine eigene Community, in der Sie sich auch außerhalb der Sessions untereinander und mit mir austauschen können.

  • 12 Monate Zugriff auf den begleitenden Online-Videokurs mit umfangreichen unterstützenden Materialien

    Anmelden können Sie sich hier.





Dienstag, 28. Mai 2024

E-Book von fasynation.de: Richtung Genesung - Dein Wegweiser bei ME/CFS, Long Covid und chronischer Fatigue


Johannes Schulte, der für ME/CFS- und Long Covid-Erkrankte den Podcast und Blog fasynation.de ins Leben gerufen hat, stellte heute seinen 26-seitigen Wegweiser "Richtung Genesung" vor. In diesem werden die bisherigen Inhalte von fasynation.de in fünf Kategorien unterteilt und in einem anderen Kontext zur Verfügung gestellt. 


Der Wegweiser ist als eBook erhältlich. Sie erhalten ihn kostenlos als Download, wenn Sie die Impuls-Mails von fasynation.de (Fasy.Mails) abonnieren: https://www.fasynation.de/impulsmails-bestellen/

 


Sonntag, 26. Mai 2024

Richtlinie über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID und Erkrankungen, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweisen

 Nach wie vor gibt es viel zu viele Ärzte, die

a) Erkrankungen wie Long und Post Covid sowie das PostVac-Syndrom und ME/CFS leugnen,
b) körperliche und biologische Ursachen dieser Erkrankungen verleugnen und die Patienten in eine Psychotherapie schicken,
c) die Diagnostik für diese Erkrankungen nicht oder nur ungenügend durchführen,
d) die Behandlung aufgrund der Komplexität verweigern und notwendige Medikamente nicht verschreiben,
e) keine Fortbildungen in Hinblick auf diese Erkrankungen machen.

Nach wie vor sind Krankenkassen, Gutachter und Rentenversicherungen nicht gewillt, diese Erkrankungen anzuerkennen und bereiten vielen Erkrankten bei Arbeitslosigkeit, Pflegeanträgen, Rentenbegehren und Co. große Schwierigkeiten.

Dies ist leider die Praxis.

In der Theorie gibt es bereits seit einigen Monaten  die o.g. Richtline, die bereits Ende Dezember 2023 im Bundesanzeiger vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlicht wurde: Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinie über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID und Erkrankungen, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweisen

Mein Tipp: Drucken Sie sich diese Richtlinie aus und verweisen Sie darauf!

Long Covid-, ME/CFS-Patienten und Co. haben wie alle anderen Erkrankten in Deutschland ein Recht auf eine ausreichende. medizinische Behandlung!




ME/CFS: "Wir sind nicht müde! Wir sind erschöpft!"

Ein großes Missverständnis, das immer wieder zur Sprache kommt und die Betroffenen sehr oft nervt.

"Du, ich bin auch immer müde. Ich könnte immerzu schlafen. Vielleicht habe ich auch ME/CFS", hörte ich vor Kurzem mal wieder von einer Bekannten.

"Sie sind immer müde? Das haben viele Menschen", so ein neuer Arzt im Gespräch.

Zum Glück war ich ausgeruht und entspannt genug, um in kurzen Worten erklären konnte, dass ME/CFSler fast nie müde sind. Im Gegenteil: Der Körper eines ME/CFS-Erkrankten ist oft nach den kleinsten Aktivitäten völlig erschöpft, gleichzeitig jedoch gnadenlos angespannt und wach. Aufgrund der starken Schmerzen und der Anspannung ist Schlafen für uns eine der größten Herausforderung der Welt - und in der Regel nur mit starken Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln wie GABA oder Melatonin, sehr viel Disziplin möglich.

Ich z.B. ziehe mich bereits zwei Stunden vor dem Schlafengehen zurück und mache über eine Stunde lang Dehnungs- und Nervus Vagus-Übungen, um mich zu beruhigen. Trotzdem benötige ich nach wie vor ein Medikament zum Schlafen.




Samstag, 25. Mai 2024

Was ist der Unterschied zwischen Long Covid, Post Covid und ME/CFS?

Der Begriff Long Covid steht für eine Vielzahl von Symptomen, die nach einer akuten Covid-19-Erkrankung neu auftreten und mindestens vier Wochen anhalten. 

Halten die Symptome über drei Monate an, wird von einem Post Covid-Syndrom gesprochen. [i]

Manche Long Covid- und Post Covid-Betroffene haben das große Glück, dass ihre Symptome nur vorübergehender Natur sind und im Laufe der Zeit abklingen.

Bei anderen Erkrankten hingegen chronifiziert sich die Erkrankung. Wenn die Beschwerden nach sechs Monaten noch nicht abgeklungen sind, sollte über eine ME/CFS-Diagnostik nachgedacht werden. Dies gilt auch für das Post Vacc-Syndrom, dessen Ursache in der Impfung zu suchen ist.



[i] https://www.mecfs.de/longcovid/, zuletzt aufgerufen am 07.03.2024

Freitag, 24. Mai 2024

Osteoporose-Messung

Immer mal wieder wurde mir geraten, ab ca. 40 Jahren eine Knochendichte-Messung durchführen zu lassen. Grund ist u.a., dass ich in eine sogenannte Risiko-Gruppe für Osteoporose gehöre, was mir jeder Arzt immer wieder gern aufs Neue erklärte.

Nicht damit gerechnet hatte ich, dass die Gesetzlichen Krankenkassen diese Untersuchung nur bezahlen, wenn bereits ein Knochenbruch vorliegt, und gleichzeitig Verdacht auf Osteoporose vorliegt. Dann ist es jedoch meist schon zu spät.

Ich habe mich damals zum Glück entschieden, die Messungen auf eigene Kosten regelmäßig durchzuführen.

Und so wurde sehr schnell erkannt, dass ich mit 53 Jahren  durch eine Eileiter-Entfernung und Bettlägerigkeit in die Osteoporose gerutscht bin. Dank der Erkenntnis konnte ich schnell gegensteuern durch Bewegung und Mikronährstofftherapie - und habe die Osteoporose zwei Jahre später erst einmal besiegt.




Igel-Monitor.de

Über die Individuellen Gesundheitsleistungen (kurz: IGeL) wird häufig diskutiert:
- Was ist sinnvoll? Was ist Geldmacherei?
- Was kann sogar schaden? 

Auf www.igel-monitor.de finden Sie Erläuterungen und Bewertungen zu einzelnen IGeL-Leistungen. Einen ersten Überblick über die Leistungen können Sie sich unter IGeL A-Z verschaffen.

Was ich persönlich sehr hilfreich auf der Website finde, sind einige Tipps und Erstinformationen: U.a. wird detailliert beschrieben, wo Sie die Anbieter der Leistungen finden, aber auch wie Sie auf (vor allem ungebetene) Angebote reagieren können. Denn wichtig ist vor allem eines: Lassen Sie sich bei einer Entscheidung nicht unter (Zeit- und Entscheidungs-)Druck setzen - und  lassen Sie sich vor allem auch alles erläutern.

Die Beurteilung der einzelnen IGeL-Leistungen wiederum empfinde ich als nicht zielführend.

Fazit:
Eine Website, die sicherlich hilfreich ist, um Erstinformationen zu erhalten.

Gleichzeitig zeigt sich jedoch die Tendenz zum "IGeL-Bashing". Kritik bzgl. mancher Verhaltensweisen in den Praxen und bzgl. mancher sinnloser Leistungen ist sicherlich mehr als angebracht. Aber trotzdem gibt es genügend Behandlungsangebote, die sinnvoll und lindernd wirken können, auch wenn sie von den Gesetzlichen Krankenversicherungen nicht bezahlt und gewürdigt werden. Wer weiß das besser als Betroffene mit ME/CFS und MCAS?

Ein einfaches Beispiel:
Die Stoßwellentherapie beim Tennisellbogen, die mich weitergebracht hat, wird als negativ bewertet.
Ich hingegen würde sie immer wieder machen. 

Aber machen Sie sich einfach selbst ein Bild: www.igel-monitor.de

Mittwoch, 22. Mai 2024

Welche Online-Genesungsprogramme für ME/CFS sind empfehlenswert?


Ich selbst kann  drei Programme empfehlen, wobei ich mich bei der Auswahl auf die deutschsprachigen Programme konzentriert habe. M.E. ist es gerade bei Erschöpfung doch hilfreicher, in der Muttersprache zu kommunizieren – vor allem wenn das Unterbewusstsein teilweise angesprochen wird.


Das Prof. Stark Fatigue-Selbsthilfeprogramm

Prof. Dr. Stark dürfte einigen ME/CFS-Betroffenen aus Norddeutschland als Privatarzt und Gutachter bereits bekannt sein. Er ist Psychologe, psychologischer Psychotherapeut und Facharzt für Psychiatrie und Psychosomatik und beschäftigt sich zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Zheja schon seit vielen Jahren mit den Themen Fatigue, Burn-out und Stress. Zudem ist er einer der wenigen Ärzte in Deutschland, die sich mit ME/CFS auskennen. Bei der Behandlung legt er den Wert jedoch ausschließlich auf das autonome Nervensystem und dessen Neuregulierung sowie auf Pacing. Entsprechend sind die sechs Bausteine seines neuen Programms gehalten: Verständnis über die Erkrankungen, körperliche und mentale Übungen für das Nervensystem, Pacing, Ernährung und je nach Preismodell Coaching-Begleitung. Der Vorteil des Programms liegt u.a. in der deutschen Sprache und in der Begleitung durch einen Arzt.

Weitere Informationen finden Sie auf seiner Website:
https://www.prof-stark-fatigue-zentrum.de/online-selbsthilfe

reactive-programm
Die Gründer des neuen Programms aus Deutschland sind Leonie Förster und Frederik Gerber. Die Entspannungspädagogin Förster hatte selbst Long Covid und ist davon genesen. Gerber ist wiederum Physiotherapeut und beschäftigt seit Längerem mit den Erkrankungen ME/CFS und Long Covid. Das Programm, das auf drei Monate angelegt ist, richtet sich an Menschen mit diesen Erkrankungen und zielt wie andere Programme darauf ab, das dysregulierte Nervensystem wieder in einen normalen Zustand zu bringen. Themen wie Pacing“, „Baseline“, „Innenarbeit“ und Co. werden hier ausführlich behandelt. Im Gegensatz zu anderen Programmen finden auch körperliche Übungen ihren Platz. Eine feste Gruppe an Teilnehmern und Teilnehmerinnen wird von den beiden Gründern begleitet mit wöchentlichen Live-Sitzungen, einem individuell angepassten Bewegungsplan, Videos, einem Workbook etc. Positiv ist, dass Einzelcoachings dazu gebucht werden können.

Weitere Informationen finden Sie hier:

https://shop.reactive-programm.de/s/reactiveprogramm
https://podcasts.apple.com/us/podcast/episode-49-von-sauerstoff-und-pulsmessung-bis-zu-bewegung/id1669868570?i=1000638170599


Recharge-programm
Die österreichische Gründerin Kathrin Frischmann ist Sozialarbeiterin, psychologische Beraterin, Kreativtrainerin und Trainerin für Psychoneuroimmunologie und hat ihre eigene ME/CFS und POTS weitgehend überwunden. Ihre Erfahrungen gibt sie in dem Programm weiter, das aus 30 kleinen Modulen besteht. Diese beschäftigen sich u.a. mit den Themen Pacing, Ernährung, Entspannung, Emotionen, Stressmanagement und Meditationen sowie Gehirntraining. Es ist jederzeit zum Selbststudium verfügbar.

Mehr Informationen finden Sie hier:

https://www.wieder-aufladen.at/recharge-programm
https://www.ich-werde-gesund.com/2022/05/28/me-cfs-kathrins-weg-zur-genesung/


Der Markt ist um einiges größer. Vor allem im englischsprachigen Bereich existiert eine Vielzahl an Programmen, die sich in der Regel auf das Brain Retraining konzentrieren. Einen Überblick über die aktuell verfügbaren Online-Genesungsprogramme finden Sie unter folgendem link:  

https://www.ich-werde-gesund.com/2022/10/01/genesungsprogramme-im-%C3%BCberblick/

Inwieweit welches Online-Genesungsprogramm für Sie letztlich sinnvoll ist, können nur Sie selbst entscheiden nach einer ehrlichen Bestandsaufnahme Ihrer individuellen Situation und der gründlichen Überprüfung des Online-Angebots.

 

Dienstag, 21. Mai 2024

Die Neuroplastizität des Gehirns

Eine Grundlage eines Brain Retraining-Programms ist die Neuroplastizität des Gehirns, die vor gar nicht so langer Zeit von Forschern entdeckt wurde. Darunter versteht man die „… die Fähigkeit des Gehirns, sich als Reaktion auf seine Erfahrung zu verändern.“[i]

Früher ging man die Fachwelt davon aus, dass Schäden am Gehirn irreversibel seien – und unser Gehirn mit dem Alter sich nicht mehr ändern kann. Heute weiß man, dass dies nicht wahr ist: Unser Gehirn ist sehr wohl in der Lage, sich neu zu strukturieren und durch wiederholte Erfahrungen zu verändern. Damit können angeborene oder erworbene Schäden auch im hohen Alter noch behoben werden. Große Erfolge werden dank dieser Erkenntnis u.a. in der Therapie von Schlaganfallpatienten erzielt.[ii] Aber auch in der Traumatherapie wird die Theorie der Neuroplastizität des Gehirns genutzt, um den traumatischen Stress zu lindern. Ziel ist dabei, die Spuren, die der posttraumatische Stress im Gehirn hinterlassen hat, durch Übungen und andere Erfahrungen wieder zu verändern – und so den Alarmzustand, in dem sich der Körper aufgrund des Traumas nach wie vor befindet, zu löschen. Viele dieser Techniken können auch bei ME/CFS eingesetzt werden.

Die Methoden sind vielfältig und reichen von traumasensiblem Yoga, Psychodrama-Therapie, Neurofeedback-Therapie, DBT-Therapien, Affirmationen über Imaginationsübungen, dem therapeutischen Schreiben, bestimmten Trauma-Konfrontationen bis hin zur Arbeit auf der Inneren Bühne. Ein Teil der Übungen wie Affirmationen, Imaginationsübungen, Visualisierungen, DBT-Trainings und Co. ist ohne therapeutische Unterstützung möglich. Andere Methoden wie die Arbeit auf der Inneren Bühne oder Trauma-Konfrontationen sollten nur im Rahmen einer Traumatherapie durchgeführt werden. Mehr Informationen zu den einzelnen Themenbereichen finden Sie in den anschließenden Kapiteln, in denen ich die einzelnen Übungen und Techniken detailliert vorstelle.

Wichtig ist für die Neuroplastizität des Gehirns, dass Sie einzelne Übungen regelmäßig wiederholen. Denn nur so kann die Neuroplastizität stimuliert werden, damit die alten Autobahnen („Alarm“, „Schmerz“) im Gehirn überschrieben werden und neue, kleine Trampelpfade („Ich bin in Sicherheit“) entstehen können, die mit der Zeit zu neuen Autobahnen werden. Vielleicht hilft es Ihnen dabei der Vergleich mit dem Vokabellernen in der Schule. Wissen Sie noch, wie oft Sie die Vokabeln durchgenommen haben, bis sie sich endlich in Ihrem Gehirn verankert haben? Ähnlich ist es mit der Neuroplastizität. Wiederholtes Üben ist daher das A und O.  

Entscheidend dabei ist jedoch, dass Stress und Zwang vermieden werden. Beides hemmt die Neuroplastizität nachweislich. Setzen Sie sich daher bitte nicht unter Druck – auch wenn in manchen Online-Programmen gewisse Forderungen gestellt werden. Es reicht anfangs schon aus, zwischendurch einfach für einige Minuten die Augen zu schließen und an etwas Positives zu denken. Nehmen Sie sich die notwendige Zeit, einzelne Methoden auszutesten und um später ein Portfolio mit ihren Lieblingsübungen zusammenzustellen. Mit der Zeit werden Sie im Tagesverlauf automatisch daran denken. Das reicht vollkommen. Vor allem berücksichtigen Sie eines: Sagen Sie sich nicht „Ich muss…“ oder „Ich soll…“, sondern „Ich will…“. Es mag sich pedantisch anhören, hat aber auf Dauer eine positive Auswirkung.

Informationen zu Übungen finden Sie u.a. in den einzelnen Brain Retraining-Programmen sowie in den Büchern "Ein kleines, feines Leben: Heilung durch Traumatherapie" oder "Kopf über Wasser: Leben mit ME/CFS und MCAS"





[i] Sanchéz, Edith (2023): „Neuroplastizität und posttraumatischer Stress: Kann das Gehirn ein Trauma überwinden?“ auf https://gedankenwelt.de/neuroplastizitaet-und-posttraumatischer-stress-kann-das-gehirn-ein-trauma-ueberwinden/, zuletzt aufgerufen am 23.02.2024

[ii] Rieckmann, Peter: Wie Schlaganfall-Patienten die Neuroplastizität des Gehirns nutzen können, auf https://www.faz.net/asv/zukunft-der-neurologie/wie-schlaganfall-patienten-die-neuroplastizitaet-des-gehirns-nutzen-koennen-19279545.html, zuletzt aufgerufen am 23.02.2024

Das autonome Nervensystem

Das autonome Nervensystem (ANS), ist der Teil des Nervensystems, der nicht unter unserer willentlichen Kontrolle unterliegt. Es besteht laut Stephen Porges aus:

·        dem neuen Parasympathicus, der ventraler (oder vorderer) Vagusnerv oder (Nerven-)Regelungskreislauf 1 genannt wird,

·        dem Sympathicus, der als Nerven- oder Regelungskreislauf 2 bezeichnet wird und

·        dem alten Parasympathicus, der auch als dorsaler (hinterer) Vagusnerv oder (Nerven-)Regelungskreislauf 3 bekannt ist. 

Früher ging man davon aus, dass unser autonomes (oder vegetatives) Nervensystem aus zwei Nervenkreisläufen, nämlich dem Parasympathicus und dem Sympathicus, besteht. Dank Stephen Porges und seiner Polyvagal-Theorie ist heute jedoch bewiesen, dass sich drei Nervenkreisläufe in unserem autonomen Nervensystem befinden. Porges fand bei seinen Recherchen den älteren Parasympathicus, von dem bis dahin niemand etwas wusste. Dieser ist entwicklungsgeschichtlich schon sehr früh entstanden und daher auch bereits bei Reptilien vorhanden, während der bisher bekannte, neue Parasympathicus in der Entwicklungsgeschichte erst später entwickelt wurde und nur bei Säugetieren und Menschen zu finden ist. Daher wird der Parasympathicus heutzutage in zwei verschiedene Regelkreisläufe unterteilt. Zusammen mit dem Sympathicus handelt es sich damit um insgesamt drei Regelkreisläufe des autonomen Nervensystems.

Diese drei Kreisläufe regulieren unsere Körper- und Organfunktionen. Gleichzeitig haben sie eine Verbindung zu unseren Emotionen, die wiederum unser Verhalten mitsteuern.[i] In der unteren Abbildung werden sie gemäß ihrer Funktion dargestellt[1]. Die beiden neueren Regelkreisläufe 1 und 2 übernehmen die alltäglichen regulativen Aufgaben, während der Regelkreislauf 3 nur in extremen Notfallsituationen bzw. Traumata aktiviert wird.[ii] Wenn in der ME/CFS-Therapie und im Volksmund vom Nervus Vagus gesprochen wird, ist der Regelkreislauf 1 und damit der neue Parasympathicus gemeint.

Die beiden Regelkreisläufe 1 und 2 steuern damit in einem komplexen Gleichgewicht die alltäglichen körperlichen Funktionen, die wir selbst nicht durch unseren Willen kontrollieren können. Dabei ist der Sympathicus genauso wichtig wie der neue Parasympathicus. Jede Bewegung wird vom Sympathicus gesteuert. Er ist notwendig für uns und sollte daher auch nicht verteufelt werden.

Bei ME/CFS und MCAS ist das ANS jedoch außer Kontrolle. Der Sympathicus feuert, der neue Parasympathicus kommt kaum zu Wort. Es gibt dann nur noch die ständige Aktivierung des Sympathicus bzw. des Regelkreislaufs 2 und damit eine typische chronische Hochstressreaktion (Flucht oder Kampf). Herzschlag, Atmung, Blutfluss, Verdauung, Wasserlassen und sexuelle Erregung werden dadurch u.a. behindert. Funktionelle Störungen treten vermehrt auf, die wiederum weitere Probleme nach sich ziehen.

Betroffene haben daher die schwierige Aufgabe, ihren Körper wieder in einen ausgeglichenen Zustand zurückzuführen. Hier setzen alte Techniken wie Qi Gong oder traumasensitives Yoga sowie Übungen aus dem Nervus Vagus-Training an. Sie können sowohl bei chronischer Hochanspannung (Sympathicus) als auch bei Untererregung (alter Parasympathicus) eingesetzt werden. Je nach Übung erfolgt eine beruhigende oder eine anregende Wirkung. Aber auch einfache Skills wie der Einsatz von Düften, Musik, Gurgeln, Singen, Summen oder angemessene Bewegung (Tanzen, Spazierengehen, einfache Gymnastikübungen) sowie Flow-Aktivitäten wie Malen haben positive Effekte. Der Großteil dieser Übungen ist nicht neu, hat aber durch die Polyvagal-Theorie und die Brain Retraining-Programme eine größere Bedeutung gefunden und wurde teilweise weiterentwickelt. In diesem Blog finden Sie eine Vielzahl von einfachen Übungen zur Beruhigung und Entspannung, die Sie auch allein zuhause durchführen können.Weitere Informationen erhalten Sie zudem über die Bücher "Ein kleines, feines Leben: Heilung durch Traumatherapie" oder Kopf über Wasser: Leben mit ME/CFS und MCAS"



[1] Tiefergehende Informationen zur Polyvagal-Theorie und zu den Nervus Vagus-Übungen finden Sie u.a. bei Fischer, Ellen (2021): „Das Vagus-Training“ oder in dem Buch von Eder, Ursula & Sperlich, Franz (2019): „Das Parasympathicus-Prinzip“. 



[ii] Eder, Ursula & Sperlich, Franz (2019): „Das Parasympathicus-Prinzip“. S. 25. München: Gräfe und Unzer Verlag GmbH

[iii] Vgl. Rost, Christine und Overkamp, Bettina (2018): Selbsthilfe bei posttraumatischen Symptomen: Übungen für Körper, Geist und Seele.S. 23/24, Paderborn: Junfermann

sowie
Heller, Laurence und Lapierre, Aline (2020): Entwicklungstrauma heilen: Alte Überlebensstrategien lösen, Selbstregulierung und Beziehungsfähigkeit stärken. S. 142/ 143.  München: Kösel-Verlag, 7, Auflage

und https://malwina.coach/artikel/polyvagaltheorie/, zuletzt aufgerufen am 18.09.2021

Adrenalin ist gefährlich!


Beim Pacing kommt es darauf an, sich innerhalb der engen Grenzen zu bewegen, die von der Erkrankung gesetzt wurden. Dank der bereits aufgeführten Unterstützungsmaßnahmen ist dies möglich. Betroffene brauchen jedoch sehr viel Disziplin, die sie im Alltag stark strapazieren müssen. Denn es gibt einen mächtigen Gegenspieler, der uns manchmal verleitet, doch über unsere Grenzen zu gehen: Das Adrenalin gilt als ein großer Risikofaktor bei ME/CFS und auch bei MCAS.

Das Kampf- bzw. Fluchthormon wird bei gesunden Menschen normalerweise nur in akuten Gefahrensituationen sowie beim Sport oder freudigen Ereignissen freigesetzt. Aber bei ME/CFS-Betroffenen können bereits ganz normale Belastungssituationen einen Adrenalinschub auslösen, der dann für einige Zeit (Stunden, Tage, Wochen und sogar Monate) dafür sorgt, dass sie „funktionieren“. Die meisten dürften dies schon einmal bei Arztbesuchen, Umzügen etc. erlebt haben. Aber nicht nur Belastungssituationen, sondern auch Freude oder Begeisterung können dafür verantwortlich sein, dass man mehr macht als man sollte, was sich z.B. in Urlauben oder bei Besuchen bemerkbar macht. Das Adrenalin gaukelt den Betroffenen dann vor, dass es ihnen besser geht. Dadurch machen sie mehr und wirken in diesen Zeiten auch viel gesünder als sie eigentlich sind. Aber es ist „geborgte Energie“, die eigentlich nicht da ist. Nach dem Adrenalinschub kommt der Absturz – ein Crash, der im Zweifelsfall dafür sorgt, dass der Energiehaushalt noch geringer ist als vor dem Adrenalinstoß. Daher sorgen Adrenalinschübe in der Regel für eine Verschlechterung der Erkrankung.

Besonders gefährdet sind Menschen, deren Toleranz für Schmerzen und Unbehagen sehr hoch ist. Egal, ob dies von außen aufgezwungen wurde durch Aktivierung von Seiten der medizinischen Behandler oder ob es aus dem eigenen Antrieb aufgrund einer starken Arbeitsmoral: Es ist hochriskant, sich mit Hilfe der Adrenalinschübe immer wieder zu überfordern. Der Crash kommt bestimmt.[i] Auf längere Sicht kann sich die Erkrankung durch dieses Verhalten stark verschlechtern.

Folgende Anzeichen sprechen für einen Adrenalinschub:[ii]  

1.      Sehr schnelles, lautes und kontinuierliches Sprechen.

2.      Schnelle und unruhige Bewegungen.

3.      Gefühle der Euphorie, der Übererregbarkeit oder des wilden Optimismus.

4.      Der Betroffene kann länger als gewöhnlich sitzen oder stehen oder sich zu Aufgaben aufraffen, für die er normalerweise zu krank wäre.

5.      Schlafen und Ausruhen sind sehr schwierig, da man sich zu "aufgedreht" und sehr "unausgeschlafen" fühlt.

Als Anzeichen für einen darauffolgenden Crash sollten folgende Symptome ernst genommen werden:

6.      Zu Beginn der Erkrankung kommt es häufig vor, dass Betroffene nach einer Überanstrengung viel länger als üblich schlafen oder bewusstlos sind.

7.      Bei einem schweren neurologischen Anfall können M.E.-Patienten fälschlicherweise für betrunken oder drogenabhängig gehalten werden.

8.      "Schlaffe" Gesichtsmuskeln haben und/oder extreme Gesichtsblässe.

9.      Augenbrennen und Unfähigkeit, visuelle Reize zu tolerieren.

10.   Übermäßiges Trinken von Wasser sowie übermäßiger Hunger und Verlangen nach zucker- oder kohlenhydratreichen Nahrungsmitteln.

11.   Schwitzen oder Kurzatmigkeit nach leichter Anstrengung.

12.   Sichtbares Zittern der Arme oder Beine oder Zuckungen der Gesichtsmuskeln.

13.   Lähmungen und Schwäche in den Muskeln oder Unfähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen oder Sprache zu verstehen.

14.   Plötzlicher Verlust der Fähigkeit zu gehen.

15.   Starke Reizbarkeit.

16.   Starke Halsschmerzen und/oder schmerzhafte und empfindliche Drüsen im Hals (und möglicherweise andere grippeähnliche Symptome).

17.   Sehr deutlich rosafarbene, violette oder blaue Füße oder Beine, mit weißen Flecken, nach zu langem Stehen oder Sitzen.

18.   Starke Kopfschmerzen oder ein Schmerz- oder Druckgefühl an der Schädelbasis.

19.   Tinnitus oder Verlust des Hörvermögens.

20.   Während und nach einer Überanstrengung wird der Puls des Patienten sehr oft viel schneller (150 Schläge pro Minute oder mehr), der Blutdruck sinkt und die Temperatur kann ansteigen.

21.   Der Patient fühlt sich sehr heiß (oder abwechselnd sehr heiß und sehr kalt) an.

 
Adrenalinschübe sollten auch bei MCAS gemieden werden, da Adrenalin die Mastzellen triggert. Daher gilt es, Aufregung jeglicher Art zu vermeiden und das Leben eher „wie einen ruhigen, langsam fließenden Fluss“ zu gestalten. 

Aus demselben Grund muss – wenn möglich – bei lokalen Eingriffen und Operationen auf Betäubungsmittel mit Adrenalin verzichtet werden. Notfallausweise garantieren dies für den Ernstfall.

Bleiben Sie daher vorsichtig und achten Sie auf Ihre Grenzen. Auch wenn Sie zeitweise das Gefühl haben, viel mehr machen zu können, lassen Sie sich davon bitte nicht leiten und denken Sie an Ihre Pacing-Regeln. Lassen Sie sich von Ihrem Umfeld unterstützen. Bitten Sie Ihre Nächsten, mit Ihnen darauf zu achten, dass die Grenzen eingehalten werden. Vor allen Dingen sollten Sie sich von keinem Behandler und auch nicht von Ihrem Umfeld dazu überreden lassen, mehr zu machen. Dies gilt v.a. für die GET-Therapie (Graded Exercise Therapy), die nach wie vor bei ME/CFS und Long Covid von unkundigen Physiotherapeuten und in Reha-Einrichtungen angeboten wird. Diese Therapie hat vielen ME/CFSlern und Long Covid-Patienten nachhaltig geschadet.

Details zu der Wirkung von Adrenalin bei ME/CFS finden Sie in dem Buch „Das Monster danach“ von Nils Winkler und Gitta Meier sowie unter dem link
https://www.me-cfs.net/images/aktuelles/aktuelles_2021/Adrenalin-und-M.E.pdf.

Eine sehr gute Anleitung zum Pacen ist wiederum unter dem link https://www.omf.ngo/wp-content/uploads/2019/09/PEM-Avoidance-Toolkit-Deutsch.pdf erhältlich. Sie enthält grundlegende Informationen sowie Arbeitsblätter zum Ausfüllen und ermöglicht so Betroffenen, den Krankheitsverlauf über einige Wochen zu dokumentieren.


Ich selbst habe mit Adrenalinschüben und darauffolgenden Crashs leider sehr viele Erfahrungen gemacht, da meine ME/CFS-Erkrankung 18 Jahre lang fehldiagnostiziert wurde. In den psychosomatischen Reha-Maßnahmen wurden meine körperlichen Erschöpfungssymptome nicht ernst genommen. Daher wurde ich immer wieder dazu angetrieben, das Pensum zu erfüllen, Sport zu machen und keine Therapien ausfallen zu lassen. Da ich grundsätzlich über ein sehr großes Pflichtgefühl und einen sehr starken Eigenantrieb verfüge, dauerte es sehr lange, bis ich darum bat, Termine ausfallen zu lassen. Aber keine Chance. Ich erinnere mich noch gut an einen Tag, an dem ich zum Schwesternzimmer kam, um zu sagen, dass ich einfach keine Kraft mehr habe. Die Reaktion war purer Hohn: „Gehen Sie hinaus und umarmen Sie einen Baum“.

Ähnliches musste ich immer wieder erleben. Sätze wie „Sie sind ja auch nicht mehr die Jüngste“ oder „Manchmal muss man sich halt zusammenreißen“ hörte ich immer wieder. In der stationären Schmerztherapie erklärte man mir, dass ich endlich einmal eine gewisse Schmerztoleranz entwickeln müsse – obwohl ich seit Jahrzehnten keinen Tag kannte, an dem ich keine Schmerzen hatte und sehr viel aushalten konnte. Dankbar bin ich in diesem Zusammenhang meinen Traumatherapeutinnen sowie meinem Hausarzt, die alle erkannten, dass ich nach wie vor über meine Grenzen gehe. Auch wenn ihnen nicht bewusst war, was hinter meiner starken Erschöpfung steckt, so motivierten sie mich doch regelmäßig, dass „Weniger mehr ist“. Dies war für mich sehr wichtig, da ich selbst unter einem sehr starken inneren Antreiber litt. Ich brauchte die Erlaubnis und Bestätigung – wenn nicht sogar den „Befehl“ von außen, weniger zu tun. Trotzdem crashte ich durchgehend, was sich bei mir v.a. in Krampfanfällen, Spastiken, Migräne, ständigen Erkältungen und Co. äußerte. In den schlimmsten Zeiten krampfte der ganze Körper über Stunden. Sprechen war kaum mehr möglich.  

Erst nachdem ich ein antriebssteigerndes Antidepressivum mit Hilfe eines neuen Psychiaters über ein Jahr lang absetzte, konnte ich schrittweise und konsequent die Disziplin aufbringen, Pacing betreiben. Seitdem hatte ich keinen einzigen Krampfanfall mehr. Aber trotzdem passiert es mir bei allem Durchhaltevermögen immer noch, dass ich mich manchmal überfordere. Schwierig wird es v.a. dann, wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreffen oder emotionale Belastungen hinzukommen. Auch starke Wetterumschwünge und Jahreszeitenwechsel belasten meine Körper mehr als mir lieb ist. Pacing ist alles andere als leicht, v.a. wenn man nach wie vor einen immensen Lebenshunger verspürt. Es bleibt wahrscheinlich die größte Herausforderung in meinem Leben.

 

 



[i] https://www.me-cfs.net/images/aktuelles/aktuelles_2021/Adrenalin-und-M.E.pdf, zuletzt aufgerufen am 17.02.2024

[ii] ebenda

Der Schwergrad-Rechner für ME/CFS und Long/ Post Covid aus der Schweiz: FUNCAP

In der Schweiz wurde von Forschern ein Fragebogen inkl. Rechner entwickelt, um die funktionelle Leistungsfähigkeit bei ME und Long Covid fes...