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Dienstag, 29. Oktober 2024

Der Schwergrad-Rechner für ME/CFS und Long/ Post Covid aus der Schweiz: FUNCAP


In der Schweiz wurde von Forschern ein Fragebogen inkl. Rechner entwickelt, um die funktionelle Leistungsfähigkeit bei ME und Long Covid feststellen zu können. Laut der schweizerischen Gesellschaft für ME/CFS eignet sich dieser Rechner damit u.a. für die klinische Diagnostik sowie zur Nachverfolgung des Krankheitsverlaufs. 

Sie finden den Fragebogen unter dem link https://sgme.ch/funcap.

Er enthält
- in der Langversion 55 und
- in der Kurzversion aus 27 Fragen.

Die lange Version dient zur erstmaligen Diagnose des Schweregrads. Die Kurzversion dient zur regelmässigen Verlaufskontrolle.

Ich selbst (in Deutschland moderat betroffen bei Bell 50 bis 60) habe diesen Fragebogen ausgefüllt und war sehr überrascht, da ich hier sehr viel höher eingeschätzt werden und als mild betroffen gelte.

Nachdem ich mir den Fragebogen nochmals genauer angeschaut habe, wurde mir aber auch klar, woran das liegt:

- Der Fragebogen ist unheimlich detailliert in den niedrigeren Bell-Graden. Je höher jedoch der Bell-Grad, desto größer die Referenzbereiche und desto weniger Fragen.


- Z.B. wird nach 2 h Schreibtischarbeit gefragt, dann sofort nach einem Tag. Es gibt keine Zwischenziele, also keine Fragen, ob man 3 h oder 4 h am Schreibtisch schafft. Auch wird danach gefragt, ob man 1 km gehen kann oder 15 min im Auto mitfahren. Aber es wird nicht danach gefragt, ob man länger gehen kann, längere Autofahrten schafft etc. etc.

- D.h. wer sich weiter unten befindet, erhält ein sehr klares Bild, weil dort noch sehr viele Fragen gestellt werden. Je weiter oben man sich befindet, desto schwieriger wird es. Damit wird er für Menschen, denen es etwas besser geht, unscharf und unklar.

- Darüber hinaus geht der Fragebogen bei ca. 50 Prozent der Leistungsfähigkeit von "mild betroffen" aus. Bei einem vergleichbaren Bell-Grad befindet man sich hier sehr viel weiter unten, nämlich bei Bell 30.

- Für Rentenanträge und Co. ist er m.E. auch nur bedingt geeignet.
Denn da ist in der Tat eine noch bestehende Arbeitsfähigkeit von 3 h am Tag entscheidend, die noch nicht einmal abgefragt wird etc.

- Da zudem nicht nach Symptomen gefragt wird, was in den internationalen Klassifizierungen nach Bell oder der Nice-Leitlinie der Fall ist, hat der Fragebogen einige Schwächen. Trotzdem hilft er sicherlich vielen Betroffenen, die schwerst oder schwer betroffen sind.

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Verilong-Studie an der Charité mit Vericiguat

Die Charité Berlin führt unter der Leitung von Prof. Dr. Scheibenbogen eine Placebo-kontrollierte, doppelblinde Studie durch, in der das Herzmedikament Vericiguat getestet wird. Dieses wird normalerwiese bei Herzschwäche eingesetzt.

Das bedeutet, dass die Hälfte der Patientinnen und Patienten das Medikament und die andere Hälfte der Patientinnen und Patienten ein Placebo erhalten, das sie zuhause einnehmen. Weder die Patientinnen und Patienten noch die Untersuchenden wissen, wer welches Präparat erhält (doppelblind). Die Entscheidung der Zuordnung erfolgt zufällig. Darüber hinaus soll eine schrittweise Erhöhung der Vericiguat-Dosierung (2,5 bis 10 mg) in der 10wöchigen Behandlungsphase die Verträglichkeit sicherstellen. Probanden, die an Long Covid-Symptomen leiden und in Berlin oder Brandenburg leben, werden noch gesucht.

Mehr Informationen dazu finden Sie unter:
https://cfc.charite.de/klinische_studien/nksg/studie_veri_long/

Prof. Dr. Scheibenbogen erläutert in einem aktuellen Artikel der Apotheken Umschau die Wirkungsweise des Medikaments: ME/CFS: Leben mit chronischer Erschöpfung

Vergessen wurde in dem Artikel, dass bereits eine Reihe von ME/CFS- und Long Covid-Betroffenen dieses Medikament von ihren Ärzten bereits testweise verschrieben bekommen - und wie so oft auf eigene Faust ausprobieren, ob es hilft. Im Austausch in den Selbsthilfegruppen wird jedoch klar, dass der Erfolg fraglich ist. Vor allem berichten viele Betroffene, die das Medikament getestet hatten, von starken Nebenwirkungen (schwere Kopfschmerzen etc.), was schließlich zum Absetzen des Medikaments führte.

Ähnliche Erfahrungen musste auch ich machen, die im Frühjahr 2023 einen Versuch mit Vericiguat machte. Nach zwei Tagen musste ich das Medikament absetzen, da heftigste Kopfschmerzen und Grippesymptome mich völlig lahmlegten.




 



Mittwoch, 2. Oktober 2024

Jahreszeitenwechsel und MCAS

 


Mit dem eintretenden Jahreszeitenwechsel wird sich wahrscheinlich der/die eine oder andere noch schlechter fühlen. Herbststürme, Regenphasen, Kälte bringen bei manchen Symptome mit sich, die sie im Sommer garnicht kennen. Es ist - zumindest bei MCAS - erwiesen, dass gerade die Wechsel von Winter auf Frühjahr und von Sommer auf Herbst stark herausfordernd sind und oft Schübe verursachen können. Nasse Kälte kann bei Fibromyalgie wiederum ein starker Trigger sein.

Auch mich hat es seit vorgestern stark erwischt - wobei ein Mastzellschub kaum von einem Crash unterschieden werden kann.

Ich kenne das von den vielen Jahren zuvor schon... und auch wenn ich hoffe, dass der Schub im Herbst ausbleibt, so muss ich ihn doch immer wieder akzeptieren - und darf aber immer wieder auf das Frühjahr hoffen, wo es wieder bergauf geht.Aber ich weiß auch, dass ich in den nächsten Monaten kürzertreten und mich wappnen muss.

Passen Sie bitte auch gut auf sich auf und achten auf Ihr Pacing! 

Denken Sie daran, dass die Jahreszeit des Herbstes und des Winters auch für alle Gesunden die Zeit des Sich zurücknehmens ist. Tiere machen Winterschlaf oder halten Winterstarre oder -ruhe. Und auch wir Menschen tun gut daran, das zu berücksichtigen.

Nutzen Sie zudem im Zweifel wieder Masken, falls Sie es nicht sowieso schon tun. Grippe-und Erkältungswellen kommen wieder auf.

Ziehen Sie sich warm an, aktiviert Thermacare-Pflaster, Heizdecken und Co.

Trinken Sie viel Tee (wenn Sie ihn noch vertragen) und ruhen Sie sich aus.

Denken Sie an Ihre Entspannungsübungen.

Nehmen Sie Vitamin C und Zink zu sich und achten auf die sonstigen Nährstoffspiegel. 


Viel Kraft und Durchhaltevermögen wünsche ich von ganzem Herzen!

Mittwoch, 7. August 2024

Mein Notfallordner


In einem Beitrag habe ich über die Notwendigkeit von Notfallausweisen, -ordnern und Co. geschrieben. Aufgrund einiger Nachfragen möchte ich hier wiederum spezifizieren, welche Informationen ich in meinem persönlichen Notfallordner gesammelt habe. Selbstverständlich muss ich diese Daten regelmäßig aktualisieren. Dies kostet einige Zeit und Mühe. Aber es lohnt sich.

Hier die Informationen, die in meinem Notfallordner zu finden sind:

1.  Übersicht der diagnostizierten Erkrankungen

2.  Medikamenten- und NEM-Plan

3. Liste unverträglicher Medikamente bei HIT und MCAS sowie Salicylatintoleranz

4.  SIGHI-Medikamentenliste

5.  Kontaktdaten behandelnder Ärzte und Therapeuten

6. Notfalldaten (2 DIN A 4-Seiten mit allen Erkrankungen und Unverträglichkeiten sowie Sicherheitshinweisen)

7.  Attest über MCAS und Salicylatintoleranz

8.  Ärztliches Attest über orthostatische Intoleranz

9.  Wichtige Befundberichte, z.B. zu ME/CFS, MCAS und SFN

10. Übersicht der verträglichen Nahrungsmittel

11. Internationale Konsensleitlinie zu ME/CFS sowie Therapie-Empfehlungen der Charité

12. Kurzinformationen über die MCAS-Standardtherapie

13. Kurzinformationen zur Salicylatintoleranz

14. Ausführliche Informationen zu den Vorsichtsmaßnahmen bei operativen Eingriffen mit ME/CFS sowie MCAS

15. Liste der verträglichen Materialien/ Betäubungsmittel etc. für den Zahnarzt

16. Impfausweis

17. Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht etc.

     Überlegen Sie sich, welche Informationen in Ihrem Fall wichtig sind und suchen Sie diese zusammen. Die ME/CFS-Verbände MECFS.de sowie fatigatio stellen eine Vielzahl an Daten zur Verfügung. Lassen Sie sich dabei notfalls von Familienmitgliedern und Freunden helfen. Im Zweifel können Sie diese Informationen Leben retten bzw. Sie vor heftigen Crashs bewahren!



Donnerstag, 11. Juli 2024

Die Welt der "Wundermittel": Eine kritische Betrachtung


ME/CFS- und Long Covid-Betroffene probieren viele Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel sowie Methoden aus. Das ist völlig normal und verständlich bei einer Erkrankung, die von der Schulmedizin Jahrzehnte sträflich vernachlässigt wurde. Wir versuchen, uns selbst zu heilen bzw. die Symptome zu lindern, greifen nach jedem Strohhalm und sind dankbar für neue Impulse. Parallel werden von Behandlern Versuche mit unterschiedlichen Mitteln gestartet, um Linderung zu verschaffen. Das alles ist wichtig und richtig. Damit machen wir uns jedoch selbst zu Versuchskaninchen und sind anfällig für teils hochtrabende Versprechungen und Mode-Erscheinungen.

Dabei sind die sozialen Medien Fluch und Segen zugleich. Über Youtube, Whatsapp, Telegram und Co. werden Videos und Aussagen geteilt, in Gruppen werden bestimmte Mittel hochgelobt. Aber gleichzeitig werden in manchen Aussagen Einzelerfahrungen schnell verallgemeinert, Hypothesen und Meinungen werden zu Fakten, Versuche mit einzelnen Patienten werden zu Studien, Gesundheits-Coaches werden zu studierten Ärzten und  auf sogenannten Gesundheitskongressen wird immer mehr Produktwerbung betrieben. Darüber hinaus gibt genügend "Gurus" bzw. (selbst ernannte) Experten, die ihr ureigenes Produkt bzw. ihre Überzeugungen vorantreiben wollen.

Solange wir
- differenziert denken und gut recherchieren,
- die Vor- und Nachteile eines Produktes abwägen,
- gewisse Kontraindikationen ernst nehmen und
- notwendige Voruntersuchungen vor Einnahme mancher Mittel vornehmen,
ist das alles in Ordnung.

Sobald ein einfaches Nahrungsergänzungsmittel jedoch als DAS Wundermittel durch die Gruppen und soziale Medien geistert, sollte man vorsichtig sein.

Ich möchte einige Beispiele nennen, um zu sensibilisieren:

a) CleanSlate:

Den Hype um Clean Slate dürfte jeder mitbekommen habe, da das Channel System  dafür sorgte, dass genügend Betroffene für Clean Slate warben. Stutzig machte von Anfang an eine ungenaue Darstellung der Inhaltsstoffe, die völlig überzogenen Heilversprechen sowie der hohe Preis. Durch durchgeführte Analysen ist heute klar, dass in dem teuren Produkt in keinster Weise die Inhaltsstoffe enthalten sind, die aufgeführt werden - und dass damit die Wirkungsweise infrage gestellt werden muss.

Einige Landesgerichte haben infolgedessen die Werbung wegen Verbrauchertäuschung verboten
a) https://www.anwalt.de/rechtstipps/verbrauchertaeuschung-landgericht-verbietet-werbung-fuer-nem-produktserie-root-wellness-clean-slate-u-a-213184.html
b) https://www.anwalt.de/rechtstipps/taeuschung-ueber-inhaltsstoffe-und-wirkung-120-werbeaussagen-fuer-produktserie-root-wellness-clean-slate-verboten-214726.html

Trotzdem wird für das Produkt nach wie vor im Netz auch von Ärzten geworben und im Rahmen von Ausleitungsprotokollen erwähnt.

b) Chlordioxid:
Als Wundermittel gegen Corona und als Allheilmittel beworben, wird es heute noch oft in den sozialen Medien empfohlen - obwohl Todes- und Vergiftungsfälle bekannt wurden. Erschreckend ist, dass dieses Mittel nach wie vor auch bei kleinen Kindern und Tieren eingesetzt wird. Die Anhängerschaft ist jedoch groß.

Mehr zu dem Thema erfahren Sie unter folgendem Link: 
https://medwatch.de/thema/chlordioxid/

Dies sind sicherlich zwei gravierende Beispiele.

Des Weiteren gibt es jedoch recht viele Fehlinformationen und Versäumnisse, die ich allein in der letzten Woche wahrgenommen habe:

a) LDN

Ich bin sehr dankbar für dieses Medikament. Seine Bedeutung für ME/CFS- und chronische Schmerzpatienten ist unbestritten. Gleichzeitig sind Behauptungen von Probanden, die dem Medikament eine entgiftende und schlaffördernde Wirkung zuschreiben, schlichtweg falsch.

b) Low Dose Lithium

Es gibt inzwischen Versuche mit Low Dose Lithium bei Long Covid:
https://www.buffalo.edu/ubnow/stories/2023/01/lithium-long-covid.html
https://michael-nehls.de/infos/lithium/

Im Zusammenhang mit diesen Studien wird gern behauptet, dass in der Allgemeinbevölkerung ein Lithium-Mangel herrscht - und deswegen die Einnahme von Lithium in geringen Mengen so wichtig ist. Diese Behauptung ist jedoch bisher noch nicht belegt. Und daher sollte jeder, der sich mit der Einnahme beschäftigt, vorher seine eigenen Spiegel besser messen lassen. Dies ist u.a. über IMD Berlin möglich. Ich selbst z.B. habe völlig normale Lithiumspiegel.

c) Methylenblau

Auch Methylenblau, ein altes Malaria-Mittel, erfährt durch Covid und seine Folgen eine Renaissance in der alternativen Medizin. Vergessen wird jedoch selbst von manchen Behandlern, dass das Medikament NICHT mit Antidepressiva zusammen eingenommen werden darf, da die Gefahr eines lebensbedrohlichen Serotonin-Syndroms besteht. Andere Behandler wissen das zwar, gehen jedoch mit den Patienten nicht die Medikamentenliste durch. Darüber hinaus besteht  bei einem G6PD-Mangel eine klare Kontraindikation. Ein Gencheck muss daher vorher erfolgen. Trotzdem wird inzwischen von manchen Behandlern behauptet, dass der Genmangel kein Problem sei.

d) Melatonin

Das Schlafhormon ist inzwischen freiverkäuflich in den Apotheken und wird auch von der Allgemeinbevölkerung gern genutzt. Es hilft vielen Menschen und wird deswegen auch bei den hartnäckigen Schlafproblemen von ME/CFS-Patienten empfohlen. Erschreckend ist jedoch, wenn in Gruppen Dosierungen von über 20 mg und weit darüber hinaus empfohlen werden, weil das "... in den USA so gehandhabt wird". Interessanterweise hat sich in den USA die Zahl der Vergiftungen mit Melatonin zwischen 2012 und 2021 versechsfacht (Quelle: https://medwatch.de/weitere-artikel/schlafmittel-melatonin-eine-ueberdosis-hoffnung/). Gleichzeitig ist es kein Wundermittel. Es hilft es nicht allen Menschen - und wird deswegen von manchen Schlafmedizinern auch garnicht mehr empfohlen. Ich z.B. litt bei jedem Versuch unter heftigen Nebenwirkungen und konnte trotzdem nicht schlafen. Aussagen wie "Du musst dann nur noch höher dosieren" sind in so einem Fall einfach fehl am Platz.

All diese Beispiele sollen dafür sensibilisieren, gut zu recherchieren, die individuelle Situation ernst zu nehmen, im Zweifelsfall nochmals mit Behandlern Rücksprache zu halten und gleichzeitig seinem Körper zu vertrauen. Um die Versuche mit Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln kommen wir nicht herum. Aber wir sollten dabei achtsam bleiben und nicht alles glauben, was im Netz steht.




Sonntag, 7. Juli 2024

Urlaub mit ME/CFS und MCAS: Geht das gut?


Urlaub bietet für die meisten Menschen Erholung, Freizeit und Abenteuer. Für schwerkranke Menschen sind Ferien wiederum mit vielen Hürden verbunden, die es erst einmal zu überwinden gilt.

Reisen

Für Erkrankte, die sich mit ME/CFS und MCAS beschäftigen müssen, sieht das ein wenig anders aus. Viele, die sich auf einem niedrigen Bell-Grad befinden, können sich kaum mehr bewegen geschweige denn aus dem Haus gehen. Für diese ist nur noch Kopf-Urlaub in Erinnerungen, Imaginationen, Visualisierungen und über Bildbände/ Dokumentationen machbar.

Andere haben das große Glück, PartnerInnen an Ihrer Seite zu haben, die mit dem Wohnmobil oder dem VW-Bus durchs Land fahren. In einem solchen Fall können sich die Erkrankten während der Fahrt hinlegen, was die Strapazen stark mildert.

Und dann gibt es noch diejenigen, die wie ich ihre Urlaubsorte in einem Radius von ca. 300 km rund um den Wohnort auswählen. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass während der Fahrt kein Crash verursacht wird. Für MCAS-ler gibt es zudem den Tipp von Prof. Dr. Moldrings, sich alle 90 min von der Fahrbahn zu entfernen - und sich konsequent 20 bis 30 Minuten auf einer Decke still auf den Rücken zu legen, bevor es wieder weitergeht. Eine andere Möglichkeit wären die Reisen in Etappen - also öfters eine Übernachtung einplanen.

Flüge und Zugfahrten können wiederum stark strapazieren - v.a. aufgrund des Gewusels an Flughäfen und Bahnhöfen, den zu tragenden Koffern und den Reizen durch Duftstoffe, Geräusche und Co. Daher gilt für jeden immer wieder, genau zu überprüfen, was im Rahmen des Pacing zum aktuellen Zeitpunkt möglich ist.

Urlaubsorte
Aufgrund der Reizproblematik bieten sich natürlich reizarme Gegenden an. Also eher Land als Statt, eher besinnlich als Partyinsel.

Gepäck
Für viele Betroffene ist das Gepäck wesentlich schwerer geworden. Während früher ein kleiner Koffer ausreichte, nehmen heute zahlreiche Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel schon reichlich Platz ein. Im Inland ist das alles kein Problem. Im Ausland ist es gut möglich, dass man für einige Medikamente, die unter das Betäubungsgesetz fallen, vorher noch einige Bescheinigungen benötigt.

Siehe hierzu folgende Informationen:
Ich bin bei meiner Reise ins Ausland auf die Mitnahme von Medikamenten angewiesen. Muss ich besondere Zollvorschriften beachten?

Muster für eine mehrsprachige Bescheinigung für die Mitnahme von Betäubungsmitteln (für Reisen in Länder außerhalb der Vertragsstaaten des Schengener Abkommens)

Wenn dann noch aufgrund von MCAS und Salicylatintoleranz Lebensmittel eingepackt werden müssen, die nicht überall erhältlich sind, wird man zum Packesel. Denken Sie bei Zugfahrten und Co. daher daran, dass Sie das Gepäck auch vorschicken können, sodass Sie nur mit Handgepäck reisen müssen.

Wegen der Duftstoffe sind zudem einige Personen mit Salicylatintoleranz dazu übergegangen, ihre eigene Bettwäsche und Putzmittel mitzubringen. Idealerweise kann man jedoch auch vorab den Vermieter kontaktieren und diesem die duftstofffreien Putzmittel zusenden. Viele sind hier sehr hilfsbereit.

Notfallausweise und Co.
Sobald es ins Ausland geht, sollten diese natürlich auch zumindest ins Englische übersetzt und vom Arzt nochmals unterschrieben werden.

Pacing nicht vergessen

Bitte denken Sie daran, dass gerade an neuen Orten die Begeisterung unser Adrenalin anfachen und uns vorgaukeln kann, dass es uns besser geht. Es ist verständlich, so viel wie möglich erleben und den Urlaub genießen zu wollen. Gehen Sie jedoch nicht über Ihre Grenzen. Halten Sie Ihre Pacing-Regeln auch in den Ferien ein. Machen Sie weiterhin Ihre Übungen. Ansonsten wäre ein Crash nach dem Urlaub ein böses Mitbringsel, das niemand gebrauchen kann.





Mittwoch, 3. Juli 2024

Meine Geschichte


Immer wieder werde ich gefragt, wie bei mir die ME/CFS angefangen hat und wie ich es geschafft habe, heute auf Bell 50/ 60 zu sein und einen einigermaßen geregelten Alltag zu führen.

Aufgrund meiner langjährigen Erkrankung ist meine Geschichte verhältnismäßig lang und komplex. Sie ist in den ersten 19 Jahren von Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen geprägt, bevor ich mich an Privatmediziner wandte. Eine Odyssee mit vielen Irrungen und Wirrungen blieb mir nicht erspart. All das noch und noch vieles mehr habe ich in einigen Beiträgen geschildert, die Sie auf der Seite "Meine Geschichte" in der linken Spalte finden. Diese Seite wird regelmäßig ergänzt, sodass Sie immer auf dem neuesten Stand bleiben.

Mein heutiges Leben


In den letzten Beiträgen habe ich über die Anfänge meiner ME/CFS und den langen, langen Weg bis zur Diagnose berichtet. Dieser Weg dauerte bei mir über 19 Jahre.

Hier können Sie meine Geschichte nachlesen:

1. Wie bei mir die ME/CFS anfing
2. Vor den Trümmern meiner Existenz
3. Die Suche nach Klarheit – eine Odyssee (2019 bis 2023)


Mein heutiges Leben

Nach all den Irrungen und Wirrungen bin ich seit einiger Zeit bei mir angekommen. Ich kenne die Gründe für meine langjährige Erschöpfung und die vielen anderen gesundheitlichen Probleme. Zudem habe ich gelernt, mich auf mein Körpergefühl, das sich allein durch die Körper- und Physiotherapie stark verbessert hat, zu verlassen. Und ich weiß in der Regel, wie ich bei Symptomen gegensteuern kann. Inzwischen würde ich mich wieder als moderat betroffen bezeichnen. Meist befinde ich mich bei einem Bell von 40 bis 60, wobei es mir im Sommer wesentlich besser geht. Im Winter braucht mein Körper wiederum sehr viel Energie, um mit der Kälte klarzukommen. Wie anstrengend das ist, merke ich jedes Jahr ab Januar/ Februar. In diesen Monaten bemerke ich meist einen Einbruch meiner körperlichen Kraft. Auch die Anfälligkeit für Viren und Co. steigt um ein Vielfaches.



mein alltag

Meine täglichen Spaziergänge mit unserer Hündin sind für mich das Highlight eines jeden Tages. In der Regel bin ich zweimal unterwegs. An guten Tagen bin ich jeweils eine Stunde unterwegs, an schlechteren 45 Minuten. Bei den Spaziergängen wechsele ich zwischen gemütlichem Tempo und Nordic Walking ab.

Darüber hinaus schaffe ich in der Regel einen Außentermin pro Tag, wobei ich jedoch darauf achte, dass ich in der Woche auch freie Tage habe. Diese Termine sind meist Arzt- oder Therapieterminen vorbehalten. Aber ich nehme mir auch Zeit für Freunde. Ideal ist dabei für mich, wenn ich die Treffen mit meinen Freunden mit einem gemeinsamen Spaziergang verbinden kann, der in der Regel in einem gemütlichen, nicht zu lauten Café endet.

Den Rest des Tages bin ich zuhause. Ich versuche grundsätzlich bis mindestens 9 Uhr zu schlafen, da ein früheres Aufstehen für meinen Körper sehr anstrengend ist. Gegen Mittag muss ich mich dann für zwei Stunden konsequent hinlegen, wobei ich an guten Tagen Rätsel löse oder lese. An schlechteren Tagen mache ich die Augen zu und mache Atem- oder gewisse Meditationsübungen. Oft schlafe ich auch ein wenig. 

In der restlichen Zeit mache ich ein wenig im Haushalt, erledige Organisatorisches, schreibe, male oder recherchiere. Zwischendurch achte ich darauf, dass ich Entspannungsübungen mache – und wenn es nur für fünf Minuten sind. Telefonate verschiebe ich grundsätzlich auf gute Tage, da sie mich sehr anstrengen. Abends koche ich mit meinem Mann zusammen. Wir haben für die gemeinsame Zeit und Gespräche dann meist zwei Stunden reserviert, die wir noch zusammen im Wohnzimmer essen und einen Film schauen. Danach ziehe ich mich zwischen 20 h und 21 h zurück, um meine täglichen Dehnungs- und einige wenige Muskelaufbau-Übungen zu machen. Gegen 22 bis 23 h gehe ich zu Bett.

Dank einer Hilfe, die einmal pro Woche für vier Stunden kommt, habe ich im Haushalt ein wenig Unterstützung. Mein Mann übernimmt die großen Einkäufe, während ich Kleinigkeiten besorge. Die Fahrten zu Ärzten und Therapien erledige ich zu 80 Prozent mit dem Taxi oder MOIA. Früher hatte ich deswegen ein sehr schlechtes Gewissen und dachte, ich sei zu bequem, den ÖPNV zu nutzen. Inzwischen weiß ich, dass diese Selbstfürsorgemaßnahmen mich schon seit Jahren vor größeren Crashs geschützt haben.  

An Wochenenden unternehmen mein Mann und ich mit unserer Hündin wiederum kleine Ausflüge ins Grüne. Manchmal besuchen wir auch eine Ausstellung oder gehen in die Bücherhallen. Klassische Konzerte waren früher noch gut machbar, sind jedoch seit der Salicylatintoleranz sehr schwierig geworden. In der Regel parfümieren sich v.a. die Besucherinnen so stark, dass es für mich selbst mit Maske manchmal unmöglich ist, im Raum zu bleiben. Trotzdem versuchen wir es immer wieder und haben uns inzwischen angewöhnt, Sitze am Rand zu reservieren – sodass ich den Düften nicht so sehr ausgesetzt bin. Alle Unternehmungen sollten jedoch nur maximal drei Stunden dauern. Mehr ist in der Regel nicht machbar, weil ansonsten ein Crash droht.

Popkonzerte wiederum sind aufgrund der Lautstärke und der Menschenmengen nicht mehr machbar. Auch Restaurantbesuche sind aufgrund der zahlreichen Unverträglichkeiten fast unmöglich geworden. Eine Ausnahme bilden Steakhäuser, da ich dort in der Regel ein frisch gebratenes Stück Fleisch sowie eine Backkartoffel bekomme.

Ansonsten ist meine Ernährung nach wie vor stark eingeschränkt. Im Vergleich zu anderen MCAS-Erkrankten, die gleichzeitig unter einer Salicylatintoleranz leiden, kann ich jedoch inzwischen wieder zwischen 20 bis 30 Lebensmitteln auswählen. Das ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Da ich sehr oft gefragt werde, was ich zu mir nehme, hier die Antwort: Ich esse nach wie vor rollierend und achte dadurch darauf, dass ich nicht ständig dieselben Lebensmittel zu mir nehme. Dabei ernähre ich mich hauptsächlich von frischem Biofleisch und histaminarmen Fischsorten, glutenfreien Porridges (mit Wasser angerührt), Lein- und Hanföl sowie Gemüse mit niedrigen Salicylatwerten. Hanf- und Reisprotein unterstützen meine Eiweißzufuhr. Manchmal gönne ich mir auch eine Portion Reis oder eine Backkartoffel. Obst esse ich zurzeit nur in homöopathischen Dosen (z.B. eine Heidelbeere als Dekoration). Auf Gluten muss ich leider nach wie vor verzichten, da es mein Leaky Gut wieder anfacht. Milchprodukte wiederum würde ich gern wieder einschleichen. Bisher ist dies jedoch sehr schwierig. Ziegen- und Schafsmilchprodukte sind noch am verträglichsten. Aber wahrscheinlich habe ich Probleme mit der Benzoesäure, die in vielen Milchprodukten enthalten ist. Zucker wiederum ist mehr oder weniger tabu, wobei ich mir inzwischen aber auch mal ein Stück Schokolade oder ein paar Gummibärchen gönnen kann. Auch Esskastanien vertrage ich gut. Bei Getränken bin ich nach wie vor sehr eingeschränkt: Sulfatarmes stilles Wasser und Roibuschtee sowie zwischendurch ein Schluck Wasserkefir – das ist alles, was mir noch möglich ist.

Medikamentös bin ich mit der MCAS-Basismedikation sowie mit LDN und einem Mittel zum Schlafen gut ausgestattet. Im Gegensatz zu früher benötige ich kaum mehr Schmerzmedikamente. Auch der Gebrauch von Muskelrelaxantien ist stark gesunken.

Darüber hinaus setze ich v.a. auf natürliche Hormone sowie die Mikronährstofftherapie. Da ich zudem die Verdauung sowie Entgiftung unterstütze und den Darm saniere, kommen damit jedoch täglich mehrere Kapseln zusammen, die ich zu schlucken habe. Die schiere Anzahl der Pillen erschreckt mich manchmal. Aber es gibt zumindest derzeitig keine Option, sie wegzulassen. Mein Körper braucht die Nährstoffe und Hormone, was sich durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen immer wieder beweisen lässt.

Bei allen Einschränkungen bin dankbar, dass so vieles wieder möglich ist, was 2019 so weit entfernt zu sein schien. Es ist ein kleines, feines Leben, das ich inzwischen führe – mit sehr viel Disziplin, aber auch mit vielen kleinen und großen Glücksmomenten.



was mir fehlt…

Aber mir fehlt sehr viel aus meinem früheren Leben: Zu gern würde ich z.B. wieder ins Schwimmbad gehen, wie früher, als ich noch meine Bahnen zog. Dies scheitert zurzeit jedoch zurzeit allein daran, dass meine Haut auf Chlorwasser allergisch reagiert.
Und ich wäre überglücklich, wenn ich einem Café einfach mal unbeschwert einen Tee trinken könnte, anstatt nur auf stilles Wasser zu setzen. Auch die Kurztrips übers Wochenende fehlen mir sehr, die wir früher regelmäßig unternahmen. Wir haben uns inzwischen angewöhnt, einige Male im Jahr ans Wasser zu fahren, wobei wir stark darauf achten, dass die Reisezeit weniger als drei Stunden per Auto beträgt. Diese Urlaube sind mir sehr viel wert. Früher sind wir jedoch sehr oft verreist, um unsere Freunde zu treffen und neue Orte kennenzulernen. Dies ist inzwischen in dem Umfang nicht mehr möglich.

Da wir viele Freunde haben, die nicht an unserem aktuellen Wohnort wohnen, bin ich darauf angewiesen, dass diese mich besuchen. Einige tun dies, wofür ich sehr dankbar bin. Aber andere habe ich seit Jahren nicht mehr getroffen. Zudem habe ich einen Großteil meiner Familie und meine Heimatstadt seit über 15 Jahren nicht mehr gesehen, weil ich am anderen Ende von Deutschland aufgewachsen bin. An Fernreisen ist sowieso nicht mehr zu denken. Hier stehen mir nicht nur die geringe körperliche Belastbarkeit, sondern vor allem meine zahlreichen Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Weg. Auch wenn ich inzwischen wieder ca. 20 bis 30 Lebensmittel zur Verfügung habe, so wüsste ich nicht, wie ich mich anderswo ernähren könnte. Das Land Japan, das ich durch mein Studium kennen und lieben lernte, habe ich seit 2001 nicht mehr besucht. Dadurch sind mir die meisten japanischen Freunde weggebrochen. Wenn ich mir das vor Augen führe, wird mir klar, wie einschränkend und wie einschneidend diese Erkrankung ist.



hoffnung und realismus

Aber ich bin immer noch optimistisch und träume davon, dass ich noch weitere Fortschritte machen kann. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Da ich immer älter werde, muss ich damit rechnen, dass andere Erkrankungen hinzukommen und mir das Leben schwermachen werden. Zudem bin ich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen vor Crashs nicht gefeit. Während ich dieses Buch schreibe, erlitt ich z.B. einen Rückfall durch einen hartnäckigen Infekt. In der Zeit musste ich für eine Weile alle Außentermine absagen, um nicht noch tiefer zu rutschen und wieder Kräfte sammeln zu können.  

Auf die Forschung wiederum setze ich persönlich nicht mehr viel. Dafür bin ich zu lange erkrankt und auch schon zu alt. Trotzdem hoffe ich für andere und v.a. jüngere Betroffene, dass irgendwann wirksame und v.a. verträgliche Medikamente entwickelt werden. Angesichts der desolaten Versorgung der ME/CFS- und MCAS-Patienten sehe ich wiederum oft schwarz. Nach wie vor bemühe ich mich um Aufklärung und hatte in diesem Rahmen letztens auch wieder ein Interview mit einer Nachrichtenagentur. Aber mir wurde in den letzten zwei Jahren klar, wie langsam die Mühlen mahlen. Ich setze meine Hoffnung eher in die individuellen kleinen Schritte und die kleinen Erfolge, die ich zu verzeichnen habe. Und da es bei mir trotz all der Bemühungen nach wie vor Baustellen gibt, an denen ich weiterarbeiten muss, gibt es auch die Möglichkeit der weiteren Verbesserung. Denn auch wenn ich fast alle Nährstoffmängel beseitigt habe, so stehe ich z.B. aktuell mit dem Wirkstoff Q 10 oder auch mit meiner Jodversorgung noch auf Kriegsfuß. Genauso bleibt mein Mikrobiom eine Dauerbaustelle, auch wenn sich die Werte langsam, aber stetig über die Jahre erholen. Mir ist jedoch klar, dass die Darmsanierung ein Lebensprojekt darstellt, das vor allem ein Ziel hat: Schlimmeres verhindern und in Mini-Schritten vorwärtskommen. Genetisch bin ich in Hinblick auf Darmgesundheit katastrophal aufgestellt. In meiner Familie sind Morbus Crohn und Darmkrebs sowohl von väterlicher als auch von mütterlicher Seite sehr weit verbreitet, sodass ich froh sein muss, bisher noch nicht davon betroffen zu sein.



katastrophale medizinische versorgung

Angesichts der schlechten Versorgung von ME/CFS- und MCAS-Erkrankten in unserem Gesundheitssystem bin ich wiederum immer wieder aufs Neue fassungslos. Ich weiß, dass ich die starken Verbesserungen meines Gesundheitszustandes nur dank einiger Privatärzte erzielen konnte. Hätte ich vor einigen Jahren nicht ein kleines Erbe erhalten, hätte ich keine Möglichkeiten gehabt, diese zu bezahlen. Wäre ich in den letzten Jahren weiterhin auf das Kassensystem angewiesen gewesen, sähe das ganz anders aus. Auch heute erlebe ich trotz der klaren Diagnostik Unwissen und Gleichgültigkeit bei manchen Kassenmedizinern, was mich immer wieder erschreckt. In gewissen fachmedizinischen Bereichen wird es immer schwieriger, als komplex Erkrankte überhaupt einen Termin zu erhalten. So bin ich öfters als mir lieb ist gezwungen, auf die Expertise von Privatmedizinern zurückzugreifen. Natürlich gibt es Ausnahmen, für die ich enorm dankbar bin – allen voran mein Hausarzt, der mich nun schon seit zwanzig Jahren begleitet. Gleichzeitig habe ich große Angst vor dem Tag, an dem er in Rente geht – was unwiderruflich irgendwann der Fall sein wird.

Daher kann ich mit Hilfe dieses Buches nur wiederholt und inständig an die Politik plädieren, die notwendige Einrichtung von bundesweiten Anlaufstellen für ME/CFS und MCAS zu forcieren. Ich bitte die Ärzte in diesem Land, sich mit ME/CFS und MCAS auseinanderzusetzen und diese Erkrankungen bei unklaren Beschwerden in Betracht zu ziehen sowie die notwendige Diagnostik durchzuführen. Es gibt inzwischen Schulungen vonseiten der Charité[1], vom VAEM e.V. (Verein für Förderung der Allergie- und Endoskopie-Forschung am Menschen e.V.) und anderen Stellen, die auch online besucht werden können. Diese Bitte geht auch an Kranken- und Rentenversicherungen sowie Versorgungsämter. Es ist keine Option mehr, diese Erkrankungen zu leugnen und den Betroffenen notwendige Leistungen zu verweigern.

Und ich bitte v.a. die Hausärzte, komplex Erkrankte nicht im Stich zu lassen. Zu oft höre und lese ich, dass ME/CFS-Betroffenen von Hausärzten nicht mehr aufgenommen werden, da sie „zu komplex“ sind. Hilferufe von Schwersterkrankten gehen viral, weil sie die Unterstützung eines Hauarztes benötigen, der noch Hausbesuche macht. Mir ist bewusst, dass die Budgets und der Leistungsdruck in den Arztpraxen Deutschlands ein großes Problem sind. Aber wenn jeder Hausarzt ein bis zwei ME/CFS-Betroffene betreuen würde, dann wäre dies für alle Beteiligten machbar.  Das, was teilweise aktuell in Deutschland geschieht, grenzt an unterlassener Hilfeleistung.




[1] Sie finden die Online-Schulungen on Demand unter folgendem link: https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/informationen-fuer-aerztinnen-und-aerzte/on-demand-fortbildung/

Die Suche nach Klarheit – eine Odyssee (2019 bis 2023)

 


Bereits in vorherigen Beiträgen habe ich von den Anfängen meiner ME/CFS sowie den ersten Rentenjahren erzählt:

1. Wie bei mir die ME/CFS anfing
2. Vor den Trümmern meiner Existenz

Der zweite Beitrag endet mit einem Crash und einer stationären Schmerztherapie, in der die Ärzte wieder einmal alle Symptome auf die Psyche schoben. Damals wurde mir verboten, zu weiteren Ärzten zu gehen - was mich selbstverständlich stark verunsicherte.

Zum Glück hatte ich jedoch bereits vor dem Aufenthalt noch einen Termin bei einem Neurochirurgen vereinbart, den ich noch einhalten wollte. Dieser stellte eine eindeutige starke Reizung der inguinalen Nerven an, die darauf zurückzuführen war, dass in der Lendenwirbelsäule gewisse Nerven eingeengt waren. Daher schlug er mir eine PRT-Therapie vor und riet mir gleichzeitig zu einer längeren Physiotherapie.


physiotherapie und pacing

Diese Physiotherapie war meine Rettung. Meine Physiotherapeutin zeigte mir Übungen, um die neuropathische Reizung zu lindern. Gleichzeitig wurde u.a. festgestellt, dass meine Muskeln auf der rechten Seite in hohem Maße verspannt waren. Während diese Verspannungen schrittweise behandelt wurden, vereinbarten wir klare Grenzen beim Sitzen, Stehen und Gehen, die ich nicht überschreiten durfte. Zum ersten Mal in meinem Leben arbeitete ich mit einem Schrittzähler. Es fiel mir sehr schwer, die Grenzen einzuhalten, da ich mich mit meiner alten Hündin und Gehstützen maximal bis zum nächsten Kiosk schleppen konnte. Dort trank ich einen Kaffee, um dann langsam wieder nach Hause zu gehen, wo ich vor allen Dingen viel lag. Nur in kleinen Schritten konnte ich meine Beweglichkeit verbessern, was für mich v.a. emotional sehr schwierig war. Auch für das Sitzen hatten wir zeitliche Grenzen ausgehandelt. Im Nachhinein rutschte ich in eine handfeste Depression, da ich kaum mehr rauskam und zu Hause die Wände anstarrte.



ein neuer psychiater

Genau zu der Zeit musste ich mir dann auch noch einen neuen Psychiater suchen, da meine frühere Psychiaterin in Rente gegangen war. Ich hatte jedoch Glück im Unglück. Im Gegensatz zu der früheren Behandlerin, die mir bei jedem Besuch dieselben Fragen stellte, in Hinblick auf Traumafolgestörungen jedoch wenig Ahnung hatte, fand ich einen Psychiater, der zuhörte und sich v.a. merkte, was man erzählte. So entstand sehr schnell eine vertrauensvolle Patienten-Arzt-Beziehung. Er war in der Tat der erste Arzt, der von sich aus die Möglichkeit ansprach, dass ich an ME/CFS erkrankt bin. Darüber hinaus zeigte er mir später deutlich auf, dass die Antidepressiva, die ich schon seit 18 Jahren verschrieben bekam, in seinen Augen für mich eher hinderlich waren. Sie haben meinen Antrieb, der grundsätzlich hoch ist, noch gesteigert und mich so bei den Pacing-Versuchen, die mir sowieso schon schwerfielen, gehindert. Für mich war das eine völlig neue Erkenntnis. Ich entschied dann mich mit ihm zusammen, das Antidepressivum langsam auszuschleichen. Wer sich einmal mit dem Thema beschäftigt hat, weiß, wie schwierig das nach so langem Gebrauch werden kann. Letztlich brauchte ich dafür ein ganzes Jahr, wobei die letzten 5 mg am schwersten waren. Aber ich habe es geschafft. Bemerkenswert ist, dass ich nach dem Ausschleichen der Antidepressiva nie mehr einen Krampfanfall hatte. Damit war im Nachhinein klar, dass die Krampfanfälle u.a. auf eine Nebenwirkung der Antidepressiva zurückzuführen waren. Mich machte diese Erkenntnis fassungslos. 18 Jahre lang litt ich fast täglich unter diesen zermürbenden, schmerzhaften und behinderten Krampfanfällen – nur weil ich das falsche Medikament verschrieben bekam, dessen Dosierung aufgrund der Krampfanfälle auch noch verdoppelt wurde. Diese Erfahrung zeigte mir jedoch auch auf, dass ich in der Vergangenheit den Ärzten zu viel vertraut hatte. Ich nahm mir vor, ab sofort jegliche Medikation kritisch zu hinterfragen und mich selbst eingehender damit zu beschäftigen.



ergo- und körpertherapie

Parallel machte ich weiterhin Verhaltenstherapie. Aber die Verhaltenstherapeutin war mir keine große Hilfe. Sie konnte auch absolut nicht verstehen, warum mich der Aufenthalt während der stationären Schmerztherapie traumatisiert hatte. Im Gegenteil vertrat sie die Meinung der dortigen Ärzte und wies mich immer wieder darauf hin, dass alles psychosomatisch sein müsse. Ich selbst kannte mich jedoch gut genug, um zu wissen, dass dies nicht stimmte. Bei aller Selbstkritik war ich überzeugt, dass meine Probleme körperlicher Natur waren. Auch meine frühere Traumatherapeutin war dieser Meinung. Sie hatte sich inzwischen jedoch beruflich anderweitig orientiert. Eine neue Traumatherapeutin war auf die Schnelle schwer zu finden. Aber ich bekam einen Platz in einer traumatherapeutisch orientierten Ergotherapie, in der ich um einiges besser klarkam. Ich malte viel, um mit meinen Gefühlen klarzukommen und wehrte mich. U.a. schrieb ich an die Patientenbeschwerdestelle im Krankenhaus, was jedoch nur eine lapidare, beschönigende Antwort nach sich zog. Aber für meinen Gefühlshaushalt war es enorm wichtig gewesen, nochmals klarzustellen, was alles schiefgelaufen war. Da ungefähr zu selben Zeit unsere zweite Hündin nach schwerer Erkrankung starb, hatte ich einen großen Verlust zu beklagen. Gleichzeitig konnte ich mich nun jedoch voll auf meine Gesundheit konzentrieren. Meine Physiotherapeutin stellte in dem Zuge fest, wie stark mein autonomes Nervensystem angegriffen ist. Sie brachte mir Nervus Vagus-Übungen bei und vermittelte mich an einen Osteopathen, der wiederum meine instabile Halswirbelsäule achtsam und sanft bearbeitete. Ungefähr zur selben Zeit entschied ich mich dann auch, die Verhaltenstherapie abzubrechen. Durch die Ergotherapeutin, die sehr viel zugewandter und verständnisvoller war, wurde mir klar, dass ich mich auch in der Psychotherapie umorientieren muss. Daher ging ich auf die Suche, machte einige probatorische Sitzungen und entschied mich letztlich für eine Körper- und Traumatherapeutin, um an meiner Krankheitsbewältigung und an meinem autonomen Nervensystem zu arbeiten. Dieser Schritt war enorm wichtig für die weitere Genesung. Dank der neuen Therapeutin kam ich endlich weiter. Vor allem lernte ich, mir noch mehr zu vertrauen, meine Körpersignale noch ernster zu nehmen und klare Grenzen zu setzen.



schmerzlinderung

In kleinen Schritten ging es voran. Langsam baute ich auch einzelne Dehnungsübungen ein, die ich im Liegen durchführte. Dank einer PRT-Therapie wurden die Leistenschmerzen geringer. In dem Zuge konnte ich das Gabapentin verringern. Darüber hinaus entdeckte ich, dass v.a. grobe Hosenstoffe die Nervenschmerzen verschlimmerten. Ich besorgte mir einige Viskose-Hosen, die eine Wohltat waren. Von Jeans und Baumwollhosen musste ich mich jedoch auf Dauer trennen.

Darüber konnte ich mich nach langer Wartezeit an eine Schmerzmedizinerin wenden, die durch Akupunktur weitere Schmerzlinderung erzielte. Sie war auch die erste Person, die mir anhand eines Unverträglichkeitstests aufzeigte, dass mein Verdauungssystem völlig kaputt ist. Die Probiotika, die sie mir empfahl, führten bei mir jedoch zu heftigen Symptomen. Mir ging es wieder schlechter. Dabei fiel mir auf, dass viele Lebensmittel und Gerichte, die ich früher gern aß, plötzlich alle wie Seife schmeckten. Obwohl ich wegen meiner schon länger diagnostizierten Laktose- und Fructose-Intoleranz bereits eine gewisse Karenz einhielt, vertrug ich immer weniger. Darüber hinaus hatte ich nach dem Essen zunehmend starke Hitzewallungen, die ich anfangs jedoch auf die Wechseljahre schob. Aber mir wurde dadurch klar, dass ich weitere körperliche Probleme habe, die ich angehen muss.

Eine TCM-Therapeutin, die mit Lifewave-Pflaster therapierte, half mir diesbezüglich nur bedingt weiter. Aber mit Hilfe der Lifewave-Pflaster erkannte ich, wie gut ich gehen konnte, wenn ich nur genügend Energie hatte. Es war für mich ein großes Aha-Erlebnis, als ich mit den Energy-Pflastern die Gehstöcke quasi wegwerfen konnte. Plötzlich wurde mir klar, was mit mir los ist: Mir fehlte einfach „nur“ die körperliche Energie, um mich aufrecht zu halten. Daher wandte ich mich an eine Privatärztin für Stoffwechselstörungen, die mir empfohlen wurde. Diese legte mir erschütternde Resultate ihrer Messungen vor, versicherte mir jedoch gleichzeitig, dass meinen Mitochondrien nur Fett fehlt – und dass es mir dann bald besser gehen würde. Wie gern hätte ich das geglaubt. Aber ich stellte sehr schnell fest, dass dies nicht der Wahrheit entsprach.



erste schritte in der integrativen medizin

Daher suchte ich weiter und wandte mich Anfang 2020 an einen Privatarzt für integrative Medizin, der mich heute noch unterstützt. Als ich endlich einen Termin bei ihm bekam, ging ich immerhin schon an Nordic Walking-Stöcken und konnte wieder 8000 Schritte am Tag gehen. Auch die täglichen Dehnungsübungen hatte ich etwas ausgebaut. Die Gehstützen waren Vergangenheit.

Gemeinsam mit diesem Arzt machte ich mich dann auf die Suche nach den Ursachen für meine körperliche Schwäche. Dafür musste ich einige Tests machen. Der HPU-Test war genauso positiv wie ein Atemtest auf Dünndarmfehlbesiedlung. Die Blutwerte zeigten u.a. erschreckende Nährstoffmängel, eine Mitochondriopathie, hohe Histaminpegel, eine Nebennierenerschöpfung und ein Leaky Gut.

Der erste Behandlungsplan sah dann folgendermaßen aus:  

1.      Auffüllung der Mikronährstoffe, wobei ich diese langsam einzeln einschleichen musste,

2.      Verzicht auf Gluten, Zucker sowie Milchprodukte und viele andere unverträgliche Lebensmittel sowie Fructose und Histamin,

3.      Verbesserung der Verdauung durch Betain HCL,

4.      Rifaximin-Therapie wegen der Dünndarmfehlbesiedlung,

5.      Vitamin D-Hochdosis-Protokoll,

6.      Natürliche Schilddrüsenhormone statt L-Thyroxin,

7.      Verschreibung von LDN (anfangs wegen der Fibromyalgie und als Prokinetikum),

8.      Atemübungen, Wechselduschen, Bewegung etc.

Zu diesem Zeitpunkt fing ich an, in bestimmten Facebook-Gruppen Unterstützung zu suchen, da ich mit all den Gesundheitsthemen überfordert war. Die Therapien beanspruchten meinen Alltag zusehends. Alles war Neuland für mich. Leider schwächten mich die Rifaximin-Therapie und der Kohlenhydratverzicht zudem stark. Ich nahm einige Kilogramm ab, obwohl ich sowieso schon sehr schlank war. Aber ich hielt es durch. Danach hatte ich die Dünndarmfehlbesiedlung besiegt. Mein Mikrobiom glich jedoch einem Schlachtfeld, und meine exokrine Pankreaselastase hatte den Geist aufgegeben. Ab sofort musste ich zu jeder Mahlzeit zusätzlich zu dem Betain HCL Pankreasenzyme einnehmen, damit mein Körper die Nahrung überhaupt richtig verdauen konnte.

 All das war eine Sache von Monaten, in denen ich meine Schrittzahl und meine Spaziergänge langsam ausbauen konnte. Ich ging zwar noch an Nordic Walking-Stöcken, aber es war befreiend, wieder in die Natur gehen und fotografieren zu können. Auch konnte ich wieder länger sitzen sowie mich besser konzentrieren. Gleichzeitig baute ich in meine täglichen Übungen einige leichte Muskelaufbauübungen ein, die ich vor allem im Liegen durchführte.

 Diese Verbesserungen führten dazu, dass wir uns ernsthaft über einen neuen Hund Gedanken machten. Ich hatte zwar sehr viel Respekt vor einer neuen Herausforderung, da ich noch keine weiten Strecken gehen konnte. Aber da mein Mann durch Corona von zuhause arbeitete, hatte ich Unterstützung. Gesagt, getan. Im Herbst 2020 zog eine neue Hündin ein, mit der ich langsam neue Wege ging.



hormongesundheit

Ungefähr zu dieser Zeit ließ ich nochmals bei einer Endokrinologin meine Hormonwerte testen und die Schilddrüse schallen. Zum Glück hatte ich trotz der langjährigen Schilddrüsenunterfunktion noch keine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse entwickelt, sodass ich hier beruhigt sein konnte. In Hinblick auf meine Sexualhormone sah es jedoch trostlos aus: Progesteron und Estradiol waren im absoluten Minus, was jedoch kein Wunder war. Durch die Entfernung des rechten Eileiters Anfang 2019 blieb meine Regel schlagartig aus. Ich rutschte von jetzt auf gleich in die Postmenopause. Aber auch Testosteron war kaum mehr vorhanden, was auf meinen starken Muskelverlust durch die Gehunfähigkeit zurückzuführen war. Kein Wunder, dass bei einer Osteoporose-Messung alarmierende Werte zum Vorschein kamen. Daher versuchte ich es mit einer Hormonersatztherapie. Aus dem Grund wurden von einer speziellen Apotheke Hormoncremes zur äußerlichen Anwendung angefertigt. Leider stiegen meine Werte dadurch nicht wirklich an. Daher probierte ich später zusammen mit meinem ganzheitlichen Arzt die Rimkus-Therapie aus. Diese musste ich jedoch nach einem halben Jahr aufgrund starker Hautekzeme abbrechen, um wieder auf die äußerliche Anwendung umzusteigen.




mcas und salicylatintoleranz

Aufgrund meiner vielfachen Unverträglichkeiten brachte mein integrativer Arzt 2021 zum ersten Mal das Thema „MCAS“ ins Spiel. Er selbst kannte sich mit der Diagnostik zwar nicht gut aus, war jedoch überzeugt, dass alle Symptome darauf hindeuten. Da es in Norddeutschland kaum Anlaufstellen für MCAS-Erkrankte gab, wandte ich mich Ende 2021 an einen Ernährungsmediziner, der sich zumindest mit der MCAS-Diagnostik auskannte. Die Wartezeit betrug damals schon sechs Monate. Darüber hinaus musste ich allein für einen Honorarvertrag 300,- EUR bezahlen, obwohl ich den Arzt noch nie gesehen hatte. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Blut- und Urinuntersuchungen zeigten einen ersten Hinweis auf MCAS, der sich dann durch eine Magen-/ Darmspiegelung mit Schichtbiopsie und Auszählung der Mastzellen erhärten sollte. Bingo! Leider war der Ernährungsmediziner jedoch nicht bereit, mir die Basismedikation zu verschreiben, sondern schwörte stattdessen auf Vitamin C-Infusionen. Diese verschafften mir keine Erleichterung, sondern verschlechterten meinen Zustand zusätzlich. Frei verkäufliche Antihistaminika vertrug ich nicht. Nach der ersten Corona-Schutzimpfung reagierte ich plötzlich auf Gemüse, Obst und Duftstoffe. Masken konnte ich keine mehr tragen, ohne Hautausschlag zu bekommen. Ich wusste nicht mehr, was ich überhaupt noch essen konnte.

 An diesem Punkt wandte ich mich an eine bundesweit bekannte Praxis für Ernährungsmedizin, was sich als eine Riesenenttäuschung herausstellte. Ich hatte in der vorbereitenden Mail bereits dringend darum gebeten, dass das Anamnesegespräch, das man selbst bezahlen musste, von einem MCAS-kundigen Arzt geführt wird. Vor Ort musste ich dann jedoch erkennen, dass die Dame, die mir gegenübersaß, sich weder mit MCAS noch mit Salicylatintoleranz auskannte. Zudem waren meine umfangreichen Unterlagen, die ich vorab zugeschickt hatte, nicht mehr auffindbar. Der Termin, der über 100,- EUR kostete, war damit für die Katz‘. Die Ernährungsberaterin wiederum war sehr nett, konnte mich jedoch auch nur in meinem Vorgehen bestätigen, da ich Nahrungsmittel-Tabellen wie die SIGHI-Liste, Baliza-App oder samter-trias.de bereits auswendig kannte. Mein Wunsch, dass jemand mit mir einmal ausrechnet, wie ich auf meine Nährstoffe etc. pro Tag komme, wurde nicht erfüllt. Bei einem zweiten Arzttermin, den ich nochmals wagen wollte, geriet ich an eine junge Ärztin, die mir erst einmal eröffnete, dass die Anzahl meiner Befunde eine Frechheit sei. Ich selbst konterte damals nur mit „Willkommen in meiner Welt“. Sie hielt dann eine 35minütige Rede, die ich nicht unterbrechen durfte. U.a. ging sie davon aus, dass ich kein MCAS habe, interpretierte meinen Mikrobiom-Befund falsch und empfahl mir Darmpräparate, die bei Histaminintoleranz und MCAS völlig unverträglich sind. Als ich endlich reden durfte und ihr entgegnete, dass die MCAS-Diagnostik von einem anerkannten Arzt, der ihr auch bekannt war, hieb- und stichfest waren und dass die E-Colis im Mikrobiom bei mir nicht hoch, sondern eher zu niedrig seien, wurde sie still. Von einer Schwefelwasserstoff-SIBO hatte sie noch nie etwas gehört. Auf meine Bemerkung, dass ich die Präparate nicht vertragen würde, kam dann nur noch „Etwas anderes kenne ich nicht“. Wieder über 100,- EUR in den Sand gesetzt. An dem Punkt hatte ich genug und brach auch die Ernährungstherapie ab. Mir wurde klar, dass ich mich allein kümmern muss. Aufgrund dieser Erfahrungen kann ich den Hype um diese Praxis, die eine bemerkenswerte Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland betreibt, nicht nachvollziehen. M.E. sind die dort angestellten Ärzte und Ernährungsmediziner ideal, wenn jemand wirklich nur eine Erkrankung hat – und selbst nicht in der Lage ist, Lebensmitteltabellen zu lesen und sich danach zu richten. Wenn jemand jedoch unter mehreren komplexen Erkrankungen und Unverträglichkeiten leidet, sind diese völlig überfordert. Sie geben dies dann jedoch nicht zu. In der Öffentlichkeitsarbeit und im TV werden nur die leichten Fälle gezeigt, die erfolgreich behandelt werden konnten. Darüber hinaus kamen zumindest die beiden Ärztinnen, mit denen ich es zu tun hatte, nicht damit klar, dass ihr Gegenüber schon sehr viel Wissen besitzt und auch mal Kontra gibt, wenn etwas Falsches behauptet wird. Das ist sehr schade. Aber aus Erfahrung wird man klug.

Zum Glück war mein Hausarzt bereit, mir die MCAS-Basismedikation zu verschreiben. Teilweise werden diese ohne Zusatzstoffe von der Klösterl Apotheke in München hergestellt. Das Einschleichen war mühsam. Aber schrittweise ging es mir besser. Mit einer strengen Diät und dank der Hilfe der Facebook-Selbsthilfegruppen fand ich dann langsam heraus, was ich noch essen und trinken konnte.

Parallel machte ich noch einen Test auf Salicylatintoleranz („Talking Cells-Test“). Dieser Bluttest wurde an der Uniklinik Erlangen über Prof. Dr. Bänkler ausgewertet. Leider gibt es diesen Test heute nicht mehr, da Prof. Dr. Bänkler in Ruhestand gegangen ist. Bei mir war er eindeutig positiv, was ich jedoch schon ahnte. Bereits im Vorfeld hatte ich alle Putz- und Waschmittel ausgetauscht sowie die Körperpflege auf salicylat- und benzoatfrei sowie duftstofffrei umgestellt. Auf Kosmetik verzichtete ich vorerst, da ich mir nicht sicher war, was ich überhaupt noch benutzen durfte. Da wir uns mitten in der Corona-Zeit befanden, fiel mir das jedoch auch nicht schwer.

 


genetik und zahngesundheit

Aufgrund der MCAS-Diagnose lag nahe, sich auf Komorbiditäten und damit auch auf das Ehlers-Danlos-Syndrom(EDHS) testen zu lassen. Glücklicherweise gab es in meiner Heimatstadt eine Praxis, die die Testung der wichtigsten Gene anbot. Dafür war ich sehr dankbar. Der Verdacht bestätigte sich zum Glück nicht, wobei jedoch seltene Genkonstellationen nicht ausgeschlossen werden konnten, die für eine EDHS sprechen. Aber ich war erstmals beruhigt.

Natürlich machte ich mir aber auch über meine genetischen Entgiftungswege Gedanken, seitdem ich wusste, dass ich eine HPU habe. Daher recherchierte ich viel und wandte mich an ein Labor, in dem auch eine umweltmedizinische Sprechstunde angeboten wird. Diese war jedoch so begehrt, dass ich über Monate täglich mehrere Male im Online-Kalender nachschauen musste, ob ein Termin vergeben wird. Irgendwann hatte ich Glück und konnte einen Termin buchen. Vorab hatte ich mich in den Selbsthilfegruppen erkundigt, welche Gene bei einer MCAS und Salicylatintoleranz unbedingt getestet werden sollten. Die Überweisung erhielt ich von meinem Hausarzt.

Das Gespräch vor Ort war sehr nett und zugewandt. Danach wurde mir Blut abgenommen. Der Arztbericht, der einige Monate später verschickt wurde, war jedoch ernüchternd. Letztlich hatte der Arzt nur die Hälfte der Gene testen lassen, die wichtig waren. Zudem hatte er scheinbar MCAS mit MCS verwechselt, obwohl ich ihm schriftliche Infos vorlegte. Auch die Salicylatintoleranz wurde nicht berücksichtigt, obwohl es für diese unterschiedliche genetische Ursachen gibt. Der Arzt war daher der Meinung, dass alle Unverträglichkeiten, unter denen ich litt, auf das Vitamin D-Hochdosis-Protokoll zurückzuführen sind.  Da ich die Probleme bereits vorher hatte, wusste ich jedoch, dass dies auf keinen Fall stimmte. Die Ergebnisse waren für mich daher nur bedingt hilfreich und beschränkten sich auf einige wenige Werte. Ich brauchte mehr Informationen. Daher entschied ich mich, einen umfangreichen Gentest über selfdecode.com zu veranlassen, über den ich mir die notwendigen Genkonstellationen dann selbst über die Rohdaten zusammensuchen musste. Dieser war günstiger als sich die Einzelwerte über ein deutsches Labor zu beschaffen. In diesem Zusammenhang wurde mir aber auch nochmals klar, wie schwierig es in Deutschland noch ist, gewisse Erkrankungen genetisch abklären zu lassen. Hier sind uns zumindest die angelsächsischen Länder weit voraus.

Zudem wandte ich mich nochmals an eine Heilpraktikerin, die sich auf HPU und Zahnmedizin spezialisiert hatte. In Hinblick auf die HPU war ich auf einem guten Weg, wie es schien. Da ich jedoch durch die MCAS keine großen Risiken eingehen konnte, war an eine Ausleitung von Schwermetallen und Co. nicht zu denken. Aufgrund der Salicylatintoleranz wiederum durfte ich keine pflanzlichen Mittel einnehmen, die normalerweise zur Unterstützung der Entgiftungsorgane eingesetzt werden. Daher wurde es recht kompliziert, bis ich auch für die Leber und Niere geeignete Unterstützung fand.

Aber mein Leaky Gut hatte sich durch die Corona-Schutzimpfung eher noch verschlechtert. Daher wollte ich wissen, inwieweit meine Zahngesundheit einen Einfluss hatte. Mein damaliger Zahnarzt betonte seit Jahren, dass alles in bester Ordnung sei. Aber ich konnte mir das aufgrund meiner Symptome nicht mehr vorstellen, auch wenn mein Rantes-Wert völlig in Ordnung war. Ich wollte auf Nummer Sicher gehen und führte bei der Heilpraktikerin einige Tests durch. Der Unverträglichkeitstest auf Zahnmetalle war negativ, während der Speicheltest horrende Metallwerte enthüllte: Ich hatte einen 1000-fachen Goldwert im Speichel und einen 300-fachen Palladium-Wert. Auch andere Metalle waren sehr viel höher als die Referenzwerte. In einem anschließenden Dental-CT, auf das ich neun Monate warten musste, wurden zudem sechs NICOs sowie eine gespaltene Wurzel entdeckt. Damit war klar, dass ich meine Goldkronen sowie sechs NICOS entfernen lassen muss. Zudem musste ich mir drei Zähne ziehen lassen, die nicht mehr zu retten waren. Ein Mammutprojekt, für das ich einen neuen Zahnarzt suchen musste, der Verständnis für MCAS und Co. hat. Dank meiner Heilpraktikerin fand ich diesen aber recht schnell und plante mit ihm das weitere Vorgehen. Aufgrund der MCAS war klar, dass ich diese Eingriffe nur einzeln durchführen konnte – und vor allem in der Zwischenzeit Pausen einlegen musste, um meinem Körper die notwendige Ruhe und Erholung zu gönnen. Letztlich sollten es 18 Monate werden, die ich für alle sechs Operationen benötigte. Der Gebissaufbau steht noch aus. Nach der letzten NICO-OP bekam ich jedoch eine Belohnung in Form von guten Blutergebnissen: Zum ersten Mal seit Messung waren meine Leaky Gut-Werte (I-FABP und Co) Mitte 2023 im grünen Bereich. Zudem hatte sich mein Knochenstoffwechsel endlich erholt.



me/cfs- und erregerdiagnostik

Ende 2021 stieß ich u.a. nach einer Messung der Neurotransmitter-Autoantikörper nochmals auf ME/CFS. Die Werte waren durchweg sehr hoch, was mich nicht verwunderte. Mir war nach eingehender Beschäftigung mit dem Thema schon länger klar, dass ich wahrscheinlich an ME/CFS leide. Bisher hatte ich das Thema jedoch verdrängt. Aber nun wollte ich es wirklich wissen und vereinbarte einen Termin bei einem Privatarzt, der sich auf ME/CFS spezialisiert hatte. Im März 2022 bekam ich dann die klare Diagnose rückwirkend auf 2003 ausgestellt. Dieser Schritt bedeutete für mich sehr viel. U.a. empfand ich große Erleichterung, da ich nun endlich wusste, was mit mir seit Jahrzehnten falsch lief. Die Diagnose entlastete mich sehr, da nun klar war, dass ich keine Schuld an meinen Gesundheitszustand trug und dass ich mit meinem Gefühl richtig lag. Auch wurde damit deutlich, dass ich nicht mehr in meiner Seele nach noch versteckten Traumata suchen muss. Das, was in den letzten Jahren alles hochgekommen war, reichte auch für drei Leben.

Im Abschlussgespräch wurde mir zudem bestätigt, dass ich vieles aus dem Bereich Pacing und Co. bereits umgesetzt hatte und eigentlich nur noch Feinjustierungen vornehmen musste. Da ich inzwischen wieder in der Lage war, einstündige Spaziergänge zu unternehmen, war ich guter Dinge und voller Hoffnung. Dank meiner regelmäßigen Dehnungsübungen, die zu einem abendlichen einstündigen Ritual wurden, hatte ich in der Zwischenzeit auch meine Muskelrelaxantien abgesetzt, die ich fast 15 Jahre lang täglich hochdosiert einnehmen musste. Meine Fibromyalgie-Schmerzen hatten sich durch die Einnahme von LDN stark reduziert. Auch die Migräne trat nur noch vereinzelt auf. Vieles stimmte mich optimistisch.

Gleichzeitig hatte ich jedoch mit sehr viel Wut zu kämpfen, die in Etappen in mir ausbrach. Angesichts der vielen Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen, die ich in all den Jahren abbekommen habe, entfachte ich einen regelrechten Zorn, mit dem ich erst einmal klarkommen musste. Ich merkte, dass die Bitterkeit sich in mir breit machte, der ich jedoch nicht nachgeben wollte. Zum Glück hatte ich meine Körper- und meine Ergotherapeutin, mit denen ich diese Gefühle bearbeiten konnte.

Letztlich nutzte ich die Wut konstruktiv. Eine befreundete Journalistin bot mir an, ein Portrait von mir zu schreiben, um zumindest die Menschen in unserer Gegend über ME/ FS aufzuklären. Dies war ein erster Schritt. Das Feedback, das ich erhielt, tat dann auch gut. Dieses nahm ich wiederum zum Anlass und schrieb alle Bürgerschaftsabgeordneten von Hamburg an, um über die schlechten Bedingungen für ME/CFS- und Long Covid-Erkrankte im Bundesland Hamburg aufzuklären. Das Feedback war jedoch eher spärlich und nicht besonders ermutigend, was emotional wiederum erst einmal verkraftet werden musste. Anfangs dachte ich noch, dass es an meiner Person und einer fehlerhaften Ansprache lag. Ich hörte jedoch von einem Mitstreiter, der zu selben Zeit sein Buch an alle Abgeordneten verschickte und der noch weniger Feedback erhielt.

Als ich dann von der einzigen CFS-Ambulanz in Norddeutschland abgelehnt wurde, packte mich wieder einmal die Resignation. Die Ambulanz begründete die Ablehnung mit der bereits gestellten Diagnose. Mein Einwand, dass bei mir laut des ME/CFS-Experten umfassende immunologische Untersuchungen nachgeholt werden müssen, wurde nicht berücksichtigt. Inzwischen gibt es Gerüchte, dass diese Ambulanz wieder schließen musste aufgrund des hohen Andrangs. Ein Aberwitz angesichts der vielen un- bzw. fehldiagnostizierten und unversorgten ME/CFS- und Long Covid-Fälle.

Mir war es jedoch sehr wichtig, auch die letzten stichhaltigen Diagnosen zu erhalten. Denn ich hatte keine Lust mehr, mich zukünftig mit Ärzten auseinanderzusetzen, die unerklärliche Symptome auf die Psyche schieben. Daher blieb mir nichts anderes übrig als mich wieder an einen Privatmediziner zu wenden, was ich im Frühjahr 2023 umsetzte. Dafür musste ich jedoch eine Autofahrt von drei Stunden einplanen, da es in der Nähe meines Wohnortes keinen entsprechenden Mediziner gab, der noch Patienten aufnahm. In dem Zuge investierten wir einen Kurzurlaub, damit ich mich vor und nach den Arztbesuchen ausruhen konnte. Bei diesem Termin wurde die ME/CFS bestätigt sowie die Schwere der entholialen Dysfunktion festgestellt. Darüber hinaus wurden umfangreiche Bluttests in Hinblick auf verschiedenen Erreger und mein Immunsystem veranlasst. Dankenswerterweise wurden bei dem Termin auch die Hautbiopsien entnommen, die für die Diagnostik der Small Fiber Neuropathie (SFN) notwendig waren. Diese wurden dann später in der Hautklinik der Universitätsklinik Münster ausgewertet. Einige Monate hatte ich dann die letzten Beweise: Ich litt unter einem reaktivierten EBV-Virus und unter einem IGG-Subklassenmangel. Zudem wurde die Diagnose „Small Fiber Neuropathie“ bestätigt. Leider konnte ich die Therapiepläne des Arztes jedoch nicht umsetzen, da die verordneten Medikamente unverträglich waren. Auch eine Mikroimmuntherapie ist bei mir hinsichtlich des EBV laut eines Mikroimmuntherapeuten nicht zielführend, da ich seit der Impfung unter einer TH2-Dominanz leide, die ich bisher trotz aller Bemühungen nicht umkehren konnte. Daher konzentrierte ich mich erst einmal auf Nahrungsergänzungsmittel wie z.B. L-Lysin oder Serrapeptase.

Die Erregerdiagnostik sollte mich 2023 noch einige Monate beschäftigen, da mein ganzheitlicher Arzt nochmals alle möglichen Bakterien über ein anderes, nicht akkreditiertes Labor testen ließ, das dafür bekannt war, immer etwas zu finden. Die Resultate zeigten eine leicht erhöhte akute Rickettsiose sowie eine zurückliegende Borreliose. Darüber hinaus gab es positive Grenzwerte für zwei Geschlechtserkrankungen. Ich war anfangs erschüttert und recherchierte im Internet. Dort stieß ich auf einen Verein für Infektionserkrankungen, der versprach, bei Rickettsiose zu helfen. Letztlich hatte ich dort jedoch sehr ungute Gespräche und Erlebnisse, die aufzeigten, wie unseriös dieser Verein arbeitet. Die Beratungen sollten mit „freiwilligen“ Spendengeldern bezahlt werden, was letztlich Steuerbetrug und Honorarverschleierung ist. Selbst die Laborkosten in Höhe von 6800,- sollten ohne jeglichen Laborschein als Beleg über eine Spendenquittung bezahlt werden. Darüber hinaus wurde verlangt, dass unterschiedliche Untersuchungen und Behandlungen nur von Vereinsmitgliedern durchgeführt werden, obwohl diese teilweise Hunderte von km weit weg wohnten. Für mich wären es teilweise Doppeluntersuchungen gewesen, was jedoch nicht berücksichtigt wurde. Da die sehr riskante Therapie, die sich über Jahre hinzieht und mehrere Antibiotika beinhaltet, zudem in dem Verein nur von einer Journalistin und einem Zahnarzt begleitet wird, wurde ich sehr stutzig. In den beiden Gesprächen, die ich mit dieser Journalistin führte, wurden darüber hinaus alle bisherigen Bemühungen und Diagnosen meiner Ärzte ins Lächerliche gezogen, da laut dieses Vereins alle gesundheitlichen Probleme von ME/CFS-Erkrankten auf eine Rickettsiose zurückzuführen sind. Auf meine kritischen Fragen angesichts der hochriskanten Therapien bekam ich nur die Antwort „Sie müssen schon vertrauen“. Da die Dame, mit der ich sprach, den Begriff „Salicylatintoleranz“ jedoch noch nicht mal aussprechen konnte, fiel mir das doch schwer. Aber mein detektivischer Spürsinn war erweckt: Ich wollte den Verein genauer überprüfen. Bis jetzt habe ich jedoch noch nicht einmal die Satzung des Vereins zu Gesicht bekommen. Kurzzeitig war ich zutiefst verunsichert, aber auch erschrocken angesichts der Machenschaften, die ich in diesem Zusammenhang entdeckte. Zum ersten Mal erkannte ich am eigenen Leib, wie viel Geschäft mit der Not schwerkranker Menschen gemacht wird.

Zum Glück habe ich eine sehr liebe Freundin, die in der Tiermedizin als Labormitarbeiterin Tierärzte und Tierbesitzer in Bezug auf die Laborergebnisse und Behandlungen von schweren Infektionserkrankungen berät (darunter fallen auch Rickettsiose und Borreliose). Diese hat sich die Ergebnisse und auch das Labor nochmals genau angeschaut und mich beruhigt, da alle Werte im Grenzbereich lagen. Zudem hat sie mir aufgezeigt, welche Untersuchungen noch notwendig sind, um den Verdacht auf eine akute Infektion zu erhärten. Dankenswerterweise übernahm mein Hausarzt den Vorschlag und überprüfte wirklich alle möglichen Blutwerte, die zumindest bei einer akuten Rickettsiose auffällig sein müssten. Diese Untersuchungen waren alle ohne Befund. Darüber hinaus fand ich über Gruppen heraus, dass bei diesem Labor auch gesunde Menschen positive Befunde erhielten. Das Labor selbst verwies bei meinen Fragen auf die Notwendigkeit von auffälligen klinischen Befunden. Es machte selbst deutlich, dass ein Laborbefund bei diesen Erkrankungen nur eine Diagnostiksäule von vielen ist.

Um ganz sicher zu sein, ließ ich sowohl Rickettsien als auch Borrelien nochmals über zwei akkreditierte Labore auf unterschiedliche Weise testen, die aufgrund ihrer sensiblen Testmethoden bei Erregern bekannt sind. Beide Labore ergaben negative Werte. Da ich zudem im Frühjahr schon eine Testung bei einem weiteren Labor für Mikroimmuntherapie alle Erreger testen ließ, hatte ich nun das Ergebnis, mit dem ich mich auseinandersetzen musste: Drei unabhängige, aber akkreditierte Labore waren der Meinung, dass ich weder Borrelien noch Rickettsien habe. Ein Labor, das nicht akkreditiert ist, aber damit wirbt, immer etwas zu finden, zeigt leicht positive Grenzwerte. Das akute klinische Bild bzw. alle anderen Blutuntersuchungen ergaben keinen Hinweis auf eine Akutinfektion mit Bakterien. Zudem wusste ich durch einen meiner Privatmediziner, dass bei einem reaktivierten EBV oft falsch positive Borreliose-Werte im Blut zu finden sind, die nach einer erfolgreichen EBV-Behandlung verschwinden. Daher entschied ich mich für den gesunden Menschenverstand und für die drei Labore. Priorität war und ist für mich der reaktivierte EBV, mit dem ich zu kämpfen habe.

Auch die Geschlechtserkrankungen ließ ich über meine Frauenärztin noch einmal gegenchecken mit klinischer Untersuchung, Abstrich und Co. Kein einziger Hinweis auf eine Infektion!

Die Frage, ob ich nun an Borreliose oder Rickettsiose erkrankt bin, hat mich im Nachhinein einige Monate meines Lebens, viele Nerven, Tränen und letztlich auch sehr viel Geld gekostet. Diese Unsicherheit möchte ich nicht noch einmal erleben. Genauso wenig möchte ich mit unseriösen Vereinen zu tun haben, die mit dem Leid von Menschen große Geschäfte machen und diese im Zweifelsfall schädigen. Die Untiefen, die ich in diesem Zusammenhang entdecken musste, machten mich erst einmal fassungslos.

Ich bin überzeugt, dass Borreliose und Co. sehr schlimm sein kann – und dass diese Infektionserkrankungen bei vielen Menschen von der Schulmedizin übersehen werden, was großes Leid verursacht. Und ich weiß, dass bei einer solchen Infektion auch etwas getan werden muss. Aber ich musste feststellen, dass es rund um Borreliose und Co. auch sehr viel Missbrauch, Halbwissen, unnötige Behandlungen, Geldmacherei und Co gibt - und dass es gut ist, kritisch zu bleiben, Dingen auf den Grund zu gehen und bei sich zu bleiben.

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