Dienstag, 4. Juni 2024

Symptome und Kopfkino


Wirf den Stein von heute weg.
Vergiss und schlafe.
Wenn er Licht ist,
wirst du ihn morgen wiederfinden,

zur Dämmerzeit, in Sonne verwandelt.

Juan Ramon Jiménez
[i]



ME/CFS und MCAS sind multisystemische Erkrankungen und bestechen durch eine Vielzahl an Neben-/ Folgeerkrankungen bzw. Symptomen. Die Mastzellen z.B. sitzen in allen Organen des Körpers. Daher kann jedes Organ mehr oder weniger betroffen sein. Manche Symptome sind dauerhaft vorhanden, unterscheiden sich jedoch in Stärke und Wahrnehmung. Andere Symptome und Crashs kommen plötzlich aus dem Nichts.

Erst gestern Abend hatte ich so eine Situation. Mein Mann lutschte wie immer ein Kräuterbonbon - nur eine neue Sorte. Der Geruch löste bei mir sofort einen heftigen Asthma-Anfall aus, was uns beide sehr erschreckte.

Meine Duftstoffunverträglichkeit ist mir bewusst. Aber auch hier gibt es gute und schlechte Zeiten. Da es in den letzten Wochen eher gut lief, war ich fassungslos angesichts dieser heftigen Reaktion. Und nachdem ich den Husten durch Medikation einigermaßen ruhigstellen konnte, fing natürlich das Gedankenkino an:

- Ist es ein neuer Schub?
- Rutsche ich in eine Verschlechterung?
- Liegt es an den Antibiotika und den Schmerzmitteln, die ich wegen der Kiefer-OP einnehmen musste?
- Liegt es am Stress durch die OP?
- Liegt es am Stress durch den Ärger mit der Hausverwaltung?
- Habe ich etwas Falsches gegessen?
- Habe ich etwas falsch gemacht?
- War die Implantatsetzung ein Fehler?
- Mache ich nun alles kaputt?
etc. etc.

Mit diesen Fragen gesellen sich Angst und Panik ganz schnell hinzu, die im Zweifel jedoch alles nur noch schlimmer machen sowie die Anspannung und den Sympathicus erhöhen.


Daher habe ich mir angewöhnt, mich in diesen Situationen so schnell wie möglich abzulenken.

Wenn es mir gut genug geht, mache ich einfach etwas Schönes anderes. Gestern z.B. beschäftigte ich mich mit der Suche nach Ferienwohnungen in der Nähe. Ich kann nicht mehr lange Autofahren als Beifahrerin, aber in einem Umkreis von 1 bis 2 Stunden können wir noch Urlaub machen.

Wenn es mir zu schlecht geht, lege ich mich hin. Dann nutze ich Imaginationsübung "Gepäck ablegen" oder Grübelstopps. Falls notwendig - und der Schub länger andauert, sortiere ich an einem neuen Tag mit klarem Verstand meine Gedanken und Baustellen. Dann gehe ich jedoch wirklich sehr analytisch mit Tabellen etc. vor. Wenn es mir das schlecht gelingt, mache ich vorher die Imaginationsübung "Adlerperspektive", um Prioritäten zu erkennen.


Es gibt viele Methoden, dem Kopfkino ein Ende zu setzen. Geben Sie ihm keine Chance!

Mehr dazu in meinen Büchern "Ein kleines, feines Leben" und "Kopf über Wasser" sowie in diesem Blog.



Montag, 3. Juni 2024

Pflegewächter.de bietet Unterstützung und Klarheit

 

Viele Betroffene von ME/CFS und Long Covid sind bettlägerig und in ihrer Mobilität eingeschränkt. Sie schaffen ihren Alltag kaum mehr und müssen oft gepflegt werden. Das Geld ist jedoch knapp.

Daher sind sie gezwungen, einen Pflegegrad zu beantragen. Die Gutachter der Pflegekassen wiederum machen es den Erkrankten nicht leicht. ME/CFS und Long Covid wird oft nicht anerkannt, Einschränkungen werden negiert.

Allein aus diesem Grund ergibt es Sinn, sich auf eine Pflege-Begutachtung gut vorzubereiten und sich von vornherein rechtlich/ anwaltlich unterstützen zu lassen.

Ein Team, das hier hervorragende Arbeit leistet und Klarheit bietet, bietet die App "Pflegewächter" an, mit der man z.B. bereits durch einen Test herausfinden kann, welcher Pflegegrad einem zusteht - und das personalisierte Gutachten ausstellt.

Diese Unterstützung ist Gold wert! Nutzen Sie sie!

Sonntag, 2. Juni 2024

Die Pomodoro-Technik


Die Pomodoro-Technik ist eine Selbstmanagement-Methode, die in den 80er Jahren von dem italienischen Unternehmer Francesco Cirillo erfunden wurde. Dieser benannte diese Technik nach seiner Küchenuhr, die die Form einer Tomate (italienisch: Pomodoro) hatte. Sie selbst benötigen für diese Übung nur eine Küchenuhr, einen Wecker oder die Weckerfunktion Ihres Smartphones. Dann können Sie schon loslegen:

·        To-do-Liste erstellen

·        Küchenuhr auf eine bestimmte Zeit, max. auf 25 Minuten stellen

·        Die erste Aufgabe bis zum ersten Klingeln bearbeiten

·        Nach dem Klingeln von der Liste streichen, was man erledigt hat

·        Einige Minuten Pause einlegen, durchatmen

·        Die Punkte 2-5 wiederholen

·        Nach dem 4. Durchgang (4. Punkt auf der To-do-Liste) mind. 30 Minuten Pause


Für gesunde Menschen ist eine Einheit von 25 Minuten perfekt für die Konzentration. Dabei können viele kleinere Aufgaben in eine Einheit gepackt werden. Größere Aufgaben werden unterteilt, indem man immer nach einer Einheit eine Pause macht.

Für chronisch Kranke wiederum sollte die Zeitspanne für eine Einheit individuell bestimmt und um einiges kürzer sein. Der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Simon von der Universität Köln empfiehlt z. B. Schwererkrankten bei körperlichen Aktivitäten eine maximale Belastungszeit von 30 Sekunden.[i] Das hört sich erst einmal illusorisch an. Aber auch mit 30 Sekunden-Slots können Aufgaben erledigt werden.

Ich nutze zusätzlich zur Küchenuhr Merk- und Notizzettel, um mich an die notwendigen Pausen zu erinnern. Meine Gymnastikmatte liegt direkt neben meinem Schreibtisch, so dass sie mich immer an meine Auszeiten erinnert. Darüber hinaus habe ich immer ein Getränk bei mir, damit ich die Trinkpausen nicht vergesse.

Sie haben sicherlich weitere Ideen, die Ihnen individuell zusagen. Überlegen Sie sich, was zu Ihnen passt. Denken Sie bitte auch an Pausen, wenn Sie z.B. von einem Termin nach Hause kommen. Gönnen Sie sich die Zeit, um erst einmal anzukommen und sich ein wenig zu entspannen.

Wenn Sie damit Schwierigkeiten haben sollten, können Sie sich einen Merkzettel schreiben, den Sie an die Wohnungstür oder die Zimmertür hängen, z.B. „Denk‘ an die Pause!“.

Sie können sich aber auch eine SMS oder Whatsapp-Nachricht schicken bzw. eine Memo-Funktion auf Ihrem Smartphone einrichten. Möglichkeiten gibt es inzwischen viele durch die technischen Neuerungen.

Nutzen Sie sie!



[i] Prof. Dr. Simon: „Post-Covid: Neue sportmedizinische Erkenntnisse. Interview mit Prof. Dr. Dr. Simon Teil 1“ unter youtube.com/watch?v=LdkSdAOsfWg sowie
„Post-Covid: Neue sportmedizinische Erkenntnisse. Interview mit Prof. Dr. Dr. Simon Teil 2“ unter https://www.youtube.com/watch?v=aro0lZD0nH4

 

CoachPTBS


 


 

      Manche ME/CFS- und MCAS-Betroffene leiden parallel unter Traumafolgestörungen. Allein die traumatischen Erfahrungen in einem Gesundheitssystem, das diese beiden schweren Erkrankungen kaun kennt und bagatellisiert, können dafür verantwortlich sein.

Gleichzeitig sind viele ME/CFS-ler nicht in der Lage, eine Traumatherapie vor Ort durchzuführen. Aufgrund der schweren körperlichen Erkrankungen ist eine Traumakonfrontation auch nicht anzuraten.

Daher bietet sich entweder
- eine stabilisierende Traumatherapie per Zoom
- eine stabilisierende Ergotherapie oder
- die Nutzung einer Selbsthilfe-App
an.

Inzwischen gibt es unter den neuen Selbsthilfe-Apps
auch eine App für Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie heißt „CoachPTBS“ und wurde vom Universitätsklinikum Dresden mit der Bundeswehr zusammen entwickelt.[i] Sie finden Sie unter dem Link: https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/pso/forschung-und-lehre/forschergruppen/ehealth-projekte

In erster Linie
wurde sie für Mitglieder der Bundeswehr erstellt. Sie kann jedoch ebenso von Zivilisten genutzt werden.

Die App enthält neben einschlägigen Informationen und Kontaktmöglichkeiten verschiedene Übungen zum Umgang mit den typischen Symptomen. Als niedrigschwelliges Ergänzungs- und Informationsangebot kann sie sicherlich keine Therapie ersetzen. Aber sie bietet aufgrund der individuellen Anpassungsmöglichkeiten eine ideale Unterstützung im Alltag und kann in Rücksprache mit einer TherapeutIn auch
für die Therapie genutzt werden. Die App ist für iOS und Android (ab Version 4.1.) erhältlich. Neben der deutschsprachigen App sind noch weitere englischsprachige Apps auf dem Markt.[ii]



[i] https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/pso/forschung-und-lehre/forschung-1/ehealth-projekte (zuletzt aufgerufen am 13.09.2021)

[ii] Kehse, Ute und Funcke, Katrin (2021): Digitale Selbsthilfe, Geo Wissen Gesundheit Nr. 17: Was die Seele stark macht

Welche ambulanten Psychotherapie-Verfahren sind über gesetzliche Kassen möglich?



Bei ME/CFS und MCAS ergibt es Sinn, sich in Hinblick auf die Krankheitsbewältigung mit einer Psychotherapie auseinanderzusetzen und zu überlegen, ob eine solche unterstützen könnte. 

Sollten Traumata oder Angststörungen eine große Rolle spielen, ist eine Therapie auf jeden Fall von Vorteil - wobei selbstverständlich die eigene Belastbarkeit eine große Rolle spielen sollte.

Bei einer Suche nach einem ambulanten Psychotherapie-Platz ist in erster Linie entscheidend, ob Sie gesetzlich oder privat versichert sind. Sie sind in einer privaten Krankenkasse freier in Ihrer Auswahl, während Sie in der gesetzlichen Krankenkasse mehr Regularien berücksichtigen müssen. Diese akzeptieren z.B. nur TherapeutInnen mit Kassensitz, die in den sogenannten Richtlinientherapien arbeiten. Diese unterscheiden sich u.a. in Vorgehensweise und Zielsetzung. Entscheidend ist zudem ist die Zusatzausbildung der jeweiligen TherapeutIn. Darüber hinaus sollten Sie sich bei den jeweiligen TherapeutInnen erkundigen, ob sie auch Sitzungen über Zoom machen, was seit Covid erlaubt ist.

a) Verhaltenstherapie
b) Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
c) Psychoanalyse
d) Systemische Therapie (seit 01.07.2020)
e) Gruppentherapie-Verfahren (seit 01.10.2021)

Verhaltenstherapie (VT)

Die Grundidee der Verhaltenstherapie basiert auf der Lerntheorie, bei der davon ausgegangen wird, dass psychische Störungen im Laufe eines Lebens erlernt wurden – und auch wieder verlernt werden können. Dabei steht die Hilfe zur Selbsthilfe klar im Vordergrund, um eine möglichst schnelle Heilung oder Linderung der Beschwerden zu erzielen. Eine VerhaltenstherapeutIn arbeitet daher mit ihrer KlientIn daran, gestörte und krankmachende Denk- und Verhaltensmuster durch gesündere Alternativen zu ersetzen. Dabei gibt sie der KlientIn Techniken und Methoden an die Hand, die von der dieser im Alltag geübt und trainiert werden.

Bei schweren körperlichen Erkrankungen geht es u.a. darum, Methoden zur Krankheitsbewältigung zu erlernen - was bei ME/CFS Pacing, Umgang mit körperlichen Symptomen und schwierigen Gefühlen sowie Unruhezuständen etc. bedeutet. Auch eine herausragende Leistungsorientierung, die früher hilfreich war und nun jedoch eher schädlich ist, dürfte ein Thema für eine Therapie sein. Mit den hilfreichen Methoden kann die KlientIN so schrittweise ihre Symptome selbst kontrollieren und auf Dauer überwinden.[i] 

Verhaltenstherapie findet hauptsächlich im Sitzen einmal wöchentlich für 50 Minuten statt. Für bestimmte Übungen und Themen können auch Doppelstunden oder Auswärtstermine eingeplant werden. In sogenannten Angstexpositionstrainings werden z.B. bestimmte Situationen im öffentlichen Raum gezielt aufgesucht. Verhaltenstherapie-Stunden können damit zeitweise auch in der U-Bahn, beim Einkaufen oder während einer Autofahrt etc. stattfinden. Insgesamt werden in der Verhaltenstherapie 24 Sitzungen (Kurzzeittherapie) oder 45 Sitzungen (Langzeittherapie) genehmigt. Falls notwendig, kann die Therapie auf bis zu 80 Therapieeinheiten verlängert werden.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP)

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie basiert auf der Annahme, dass die Ursachen für die heutigen Probleme im Unterbewussten liegen bzw. durch verdrängte und ungelöste Konflikte oder Traumata in der Kindheit oder Jugend entstanden sind.[ii] Eine tiefenpsychologische PsychotherapeutIn unterstützt ihre KlientIn, diese Konflikte zu erkennen. In der Therapie wird daher zunächst nach den Ursachen für die heutigen psychischen Beschwerden gesucht. Sobald die Ursachen bzw. die Konflikte aus der Vergangenheit gefunden und geklärt werden konnten, wird in der Therapie über Möglichkeiten gesprochen, um deren Einfluss auf die Gegenwart zu verringern. Hier arbeitet die TherapeutIn mit tiefenpsychologisch fundierten Techniken. Die Behandlung findet einmal pro Woche im Sitzen statt. In der Regel werden zwischen 60 und 100 Therapiesitzungen genehmigt.

Psychoanalyse (PA) und die psychoanalytische Therapie

Die Psychoanalyse wurde von Sigmund Freud begründet. Freud arbeitete mit der Theorie, dass psychische Krankheitssymptome Ausdruck von verdrängten, schmerzhaften Erinnerungen sind. Er ging daher davon aus, dass eine Klientin durch Ursachenfindung und -beschäftigung genesen kann. Die analytische Therapie beschäftigt sich damit detailliert mit der Biografie und Vergangenheit einer KlientIn. Ziel der Therapie ist, verdrängte Erinnerungen aufzurufen und alte Konflikte aufzudecken. In diesem Rahmen wird die KlientIn zum „freien Assoziieren" motiviert, worauf sich "Deutungen" der TherapeutIn anschließen. Dadurch gewinnt die Beziehung zwischen TherapeutIn und KlientIn an Wichtigkeit. Auch wird mit Übertragungen gearbeitet. Klassisch findet die Psychoanalyse nach wie vor im Liegen statt. Die TherapeutIn sitzt in der Regel hinter ihrer KlientIn. Sie nimmt sich damit zurück und gibt der KlientIn ihren ureigenen Raum.[iii]
  In der ursprünglichen Form gilt die Psychoanalyse inzwischen als ungeeignet für Menschen mit Traumafolgestörungen. Jedoch existieren heutzutage in der analytischen Psychotherapie modifizierte Behandlungskonzepte für spezielle Krankheitsbilder, die über die Freud`sche Annahmen weit hinausgehen. Dies gilt auch für die Traumatherapie. Daher lohnt es sich, gerade bei komplexen Traumafolgestörungen auch bei einer analytischen TherapeutIn nachzuhaken, wie sie arbeitet und ob sie die Kenntnisse der modernen Traumatherapie berücksichtigt. In der Regel finden bei der psychoanalytischen Therapie drei Sitzungen pro Woche statt. Die Krankenkasse bezahlt bis zu 300 Therapiestunden. Daher dauert die Therapie meist mehrere Jahre. Die KlientIn hat damit genügend Zeit. Da die Therapie längerfristig angelegt ist, sind jedoch kurzfristige Erfolge selten.

 
Systemische Therapie

Die systemische Therapie gehört erst seit dem 1. Juli 2020 zu den Richtlinienverfahren. Das Verfahren ist für die Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie geeignet und hat sich aus der therapeutischen Arbeit mit Familien entwickelt.

In der systemischen Therapie wird davon ausgegangen, dass der Schlüssel zum Verständnis und zur Veränderung von Problemen weniger in der Störung der KlientIn liegt, sondern als Folge einer Störung im sozialen Umfeld derselben zu sehen ist.[iv] Damit arbeitet die systemische Therapie vor allem mit den Beziehungen der KlientIn, die für die Existenz des zu behandelnden Problems (mit-) verantwortlich sind. Auch Kontakte, die an der Störung beteiligt sind, werden in der Therapie berücksichtigt. Der Großteil davon ist z.B. in der Familie, Schule oder am Arbeitsplatz zu finden. Diese Beziehungen spielen eine entscheidende Rolle bei dem Ziel, das Problem zu lösen und die Störung damit zu beheben. Die Anwesenheit der relevanten Personen ist in der Therapie nicht vonnöten, kann jedoch bei Kindern und Jugendlichen von Nutzen sein.

Eine Wirksamkeit der systemischen Therapie wurde bisher für Angststörungen und Zwangsstörungen, unipolare depressive Störungen, Schizophrenie, Sucht- und Essstörungen nachgewiesen.[v] In der Regel werden zu Beginn 36 Stunden von der Krankenkasse genehmigt, wobei auch hier Verlängerungen möglich sind.[vi]

Bitte beachten Sie, dass die systemische Therapie nichts mit der stark umstrittenen Familienstellung nach Bert Hellinger zu tun hat, die vor allem in esoterischen Kreisen sehr beliebt ist. Diese ist mit hohen Risiken und Gefahren verbunden. Daher hat sich die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) bereits 2003 klar davon distanziert. [vii]

Gruppentherapie-Verfahren

Seit dem 01.10.2021 übernimmt die gesetzliche Krankenkasse auch die Kosten für eine gruppenpsychotherapeutische Grundversor­gung. Dank dieser können KlientInnen in den ersten vier (à 100 Minuten) oder acht (à 50 Minuten) Sitzungen überprüfen, ob eine Gruppentherapie für sie infrage kommt. In diesen Sitzungen klärt die leitende TherapeutIn u.a. über die Rahmenbedingungen einer Gruppentherapie auf. Erleichternd ist, dass – im Gegensatz zu den Einzelpsychotherapie-Verfahren – für die gruppentherapeutische Grundversorgung kein Antragsverfahren gegenüber den Krankenkassen notwendig ist.[viii] Bei einer anschließenden Gruppentherapie muss gewährleistet sein, dass diese von einer PsychotherapeutIn in einem der oben genannten Richtlinienverfahren angeleitet wird. Die gesetzliche Krankenkasse macht zudem zur Bedingung, dass die leitende Psychotherapeutin sowohl eine Kassenzulassung für Psychotherapie als auch eine Zusatzausbildung in Gruppentherapie hat.[ix]

Zu beachten

Bei ME/ CFS und der Zielsetzung Krankheitsbewältigung sollten Sie sich auf Psychotherapeuten aus der Verhaltenstherapie konzentrieren, die eventuell über eine psycho-onkologische Weiterbildung verfügen und sich mit ME/CFS auskennen. Auf  jeden Fall sollten die TherapeutInnen ME/CFS und MCAS als körperliche Erkrankungen anerkennen und ernst nehmen.

Falls Sie sich für eine Traumatherapie interessieren, bieten sich alle Richtlinien-Verfahren an. PSann aber sollten Sie auf jeden Fall klären, ob die betreffende TherapeutIn Erfahrung mit komplexen Traumafolgestörungen sowie dissoziativen Zuständen hat. Haken Sie diesbezüglich unbedingt nach. Fragen Sie auch nach den Methoden, mit denen die TherapeutIn arbeitet, und scheuen Sie sich nicht, sich nach deren Aus- und Fortbildungsstand zu erkundigen. Denn für den Erfolg der Traumatherapie ist letztlich entscheidend, nach welchem Traumatherapie-Konzept und wie die TherapeutIn arbeitet – unabhängig davon, in welcher Richtlinientherapie sie ausgebildet ist.

Alle weiteren ambulanten Therapieformen wie z.B. Kunst-, Musik-, Tanz- oder Körpertherapie werden stationär oft begleitend angeboten. Ambulant werden sie derzeit jedoch leider nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet, sondern müssen privat bezahlt werden.



[iii] https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/therapie/psychotherapie/klassische-psychoanalyse/, zuletzt aufgerufen am 13.09.2021

[iv] https://www.therapie.de/psyche/info/index/therapie/systemische-therapie, zuletzt aufgerufen am 13.09.2021; Dobmaier, Julia (2021): Systemische Therapie, auf https://www.netdoktor.de/therapien/psychotherapie/systemische-therapie/, zuletzt aufgerufen am 13.09.2021

[v] Ebenda

[vi] Kleinschmidt, Carola: „Diese Therapien gibt es“, in: Brigitte 20/2021, Seite 105. Hamburg: Gruner & Jahr GmbH

[viii] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/127739/Ab-Oktober-drei-neue-Leistungen-in-der-gesetzlichen-Krankenversicherung, zuletzt aufgerufen am 29.09.2021

[ix] https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/wichtigste-fragen/was-bezahlt-die-krankenkasse/, zuletzt aufgerufen am 29.09.2021 

Zur Beruhigung: Die 5-4-3-2-1 Regel

Die 5-4-3-2-1-Regel[i]

Bei der 5-4-3-2-1-Regel handelt es sich um eine Stabilisierungsmethode, die in unterschiedlichen Versionen zur Beruhigung genutzt wird. Yvonne Dolan entwickelte diese Technik in erster Linie für Überlebende von sex*** Missbrauch. Ich habe eine verkürzte Variante in der Therapie erlernt, um aus unterschiedlichen Situationen (Hochspannung, dissoziatives Abdriften, Panikattacken, Albtraum, Flashback etc.) wieder zu mir bzw. ins Hier und Jetzt zurückkehren zu können:  

1.      Nehmen Sie eine angenehme Position ein und suchen Sie einen Punkt im Raum, auf dem Sie Ihren Blick ruhen lassen können. Atmen Sie einige Male tief ein und aus.

2.      Zählen Sie nun – laut oder in Gedanken – fünf Dinge auf, die Sie gerade sehen (z.B. ich sehe ein Bild, ich sehe einen Kugelschreiber, usw.).

3.      Jetzt lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie hören können. Nennen Sie hier genau vier Geräusche (z.B. Ich höre die Kaffeemaschine, ich höre die Autos vorbeifahren, die Lüftung usw.).

4.      Danach richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie spüren können und zählen drei Sachen auf (z.B. ich spüre den Stuhl unter meinem Po, den Tisch usw.)

5.      Lenken Sie nun die Aufmerksamkeit auf das, was Sie riechen können und nennen zwei Düfte (z.B. ich rieche den Kaffee, das Parfum usw.).

6.      Zum Schluss trinken Sie einen Schluck und richten Sie nun Ihre Aufmerksamkeit auf das, was Sie gut schmecken können. Benennen Sie diesen Geschmack (z.B. ich schmecke den Tee, den Kaugummi, das Wasser usw.).   

Die längere Version der Übung finden Sie u.a. im Internet unter dem link ww.traumatherapie.de/users/bambach/hydratext.html.[ii]



[i] Bambach, Stefan „Die 5-4-3-2-1-Regel“ auf https://www.traumatherapie.de/users/bambach/hydratext.html, zuletzt aufgerufen am 15.09.2021)

[ii] Ebenda

Samstag, 1. Juni 2024

Fahrtkosten zu Arztterminen oder Therapien

Wann werden Fahrten zu Arztterminen oder Therapien bezuschusst?

In gewissen Fällen übernehmen die Krankenkassen die Fahrtkosten zu Behandlungen und Arztterminen, wobei ein Teil der Kosten jedoch vom Versicherten selbst bezahlt werden muss. Dabei beträgt die Zuzahlung zehn Prozent (mind. 5 EUR, max. 10 EUR). Wenn Ihre Belastungsgrenze überschritten ist, können Sie sich selbstverständlich auch hier befreien lassen.

Für die Übernahme von Fahrtkosten zu Ärzten oder Therapien müssen jedoch zwingende medizinische Gründe vorliegen, für die normalerweise eine ärztliche Verordnung notwendig ist.

Personen
- mit Pflegegrad 4 oder 5
- einem Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen aG, Bl oder H
haben wiederum die Möglichkeit, die Fahrten auch ohne ärztliche Verordnung erstattet zu bekommen.

Für Erkrankte mit Pflegegrad 3 und einer dauerhaften Mobilitätseinschränkung übernimmt die Krankenkasse manchmal über eine Sondergenehmigung die Kosten. Dies sind jedoch Einzelfallentscheidungen.

Welche Fahrten werden bezuschusst?

Erstattet werden in der Regel die Kosten für Krankenfahrten
- bei stationären Leistungen
- bei vor- oder nachstationären Leistungen
- bei ambulanten Operationen, wenn dadurch ein KH-Aufenthalt vermieden werden.

Zudem können Fahrten
- zur Dialyse
- zur Krebstherapie
bezahlt werden.

Fahrtkosten zu ambulanten oder stationären Reha-Maßnahmen werden wiederum
ohne ärztliche Veordnung direkt bei der Krankenkasse beantragt.

Einfache Hausarztbesuche oder fachärztliche Vorsorgeuntersuchungen werden NICHT bezuschusst.

Wie ist das Prozedere?

Sie benötigen eine ärztliche Verordnung oder die o.g. Voraussetzungen und müssen die Fahrtkosten-Übernahme bei der Krankenkasse schriftlich beantragen. Dafür legen Sie Quittungen, Fahrkarten oder Kilometernachweise vor. Manchmal rechnet das Transportunternehmen auch direkt mit der zuständigen Krankenkasse ab, worüber Sie informiert werden.

Bitte bedenken Sie, dass nur in Ausnahmefällen nachträgliche Verordnungen für Beförderungen akzeptiert werden. Darüber hinaus werden Fahrten nur zur nächstgelegenen Behandlungsstätte bezuschusst - wobei das in Zeiten des Ärztemangels m.E. jedoch sehr relativ zu sehen ist.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn die Krankenkassen die Fahrten nicht bezahlen?


Sie können dann die Fahrtkosten zu Ärzten und Therapien in der Steuererklärung geltend machen. Wenn Sie über eine zumutbare Grenze kommen, erhalten Sie einen Teil der Kosten zurückerstattet.

Quelle: VdK-Zeitung, Ausgabe Juni '24




Der Schwergrad-Rechner für ME/CFS und Long/ Post Covid aus der Schweiz: FUNCAP

In der Schweiz wurde von Forschern ein Fragebogen inkl. Rechner entwickelt, um die funktionelle Leistungsfähigkeit bei ME und Long Covid fes...