Freitag, 14. Juni 2024

HPU - wird oft übersehen

 


Die Hämopyrrollaktamurie (HPU) oder Kryptopyrrolurie (KPU) ist eine sehr häufige, aber oft unerkannte oder falsch diagnostizierte Stoffwechsel- und Entgiftungsstörung. Sie ist meist genetisch bedingt, kann aber auch durch bestimmte Ursachen erworben werden. Betroffen sind schätzungsweise 15 Prozent der Bevölkerung, darunter viele Frauen.

Bei HPU/KPU produziert der Körper übermäßig Abbauprodukte des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, die Pyrrole genannt werden. Bei gesunden Menschen werden diese in geringen Mengen über den Urin ausgeschieden und verursachen keine Probleme. Bei Personen mit HPU/KPU binden sich diese Pyrrole jedoch an wichtige Nährstoffe wie P5P (aktives Vitamin B6), Zink und Mangan und entfernen sie aus dem Körper. Dies führt zu chronischen Mängeln und in der Folge zu gesundheitlichen Problemen.

Darüber hinaus wird die Hämproduktion stark beeinträchtigt, die für den Energiestoffwechsel, Entgiftung und auch die Sauerstoffversorgung der Muskulatur entscheidend ist. Bei HPU/ KPU wird eine schädliche Form von Häm produziert, das wiederum wichtige Nährstoffe bindet und über den Urin ausscheidet. Dadurch entstehen starke Mängel, durch die die körpereigene Entgiftung stark beeinträchtigt wird. Mit der Zeit sammeln sich die Schadstoffe und Schwermetalle im Gewebe und den Organen an und belasten den Körper erheblich. Schwerwiegende Symptome und Erkrankungen sind die Folge.[i]

Diagnostiziert wird die HPU über einen 24-h-Urintest. Das bekannteste Labor für die HPU-Diagnostik ist KEAC, das sich in den Niederlanden befindet. Auf dessen Website finden Sie auch einen Fragebogen zur ersten Einschätzung: https://www.keac.nl/hpu/fragebogen/?lang=de.

Therapiert wird die HPU mit Hilfe der Mikronährstofftherapie. Dabei geht es darum, die Mängel zu beseitigen, die durch die HPU entstehen. Darüber hinaus sollten sich Betroffene sich mit den Folgen der HPU auf den Alltag konkret beschäftigen. Ich kann diesbezüglich den Ratgeber „Stoffwechselstörung HPU: Diagnose, Vitalstoffe und Entgiftung bei Hämopyrrollaktamurie Für Patienten und Therapeuten“ von Tina Ritter und Liutgard Baumeister-Jesch wärmstens empfehlen. Online finden Sie weitere Informationen auf der Website
hpuandyou.de
. Dort werden auch Schulungen zu bestimmten Themen rund um die HPU angeboten.

Eine Liste der spezialisierten HPU-Therapeuten finden Sie auch auf der Website von KEAC.

Nach der Diagnostik musste ich eine Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln einzeln einschleichen. Mein HPU-Mediziner, der zum Glück sehr achtsam und vorsichtig ist, begleitete mich auf diesem Weg. Inzwischen, nach drei Jahren, habe ich kaum mehr Mängel. Aber nach wie vor muss ich einige Nährstoffe supplementieren, da ich ansonsten sofort wieder in ein Minus rutsche.  

Zudem muss ich davon ausgehen, dass die HPU bei mir bereits gravierende Schäden verursacht hat, da sie erst in meinen 50ern entdeckt wurde. Die Schwermetallbelastung in meinem Körper dürfte sehr hoch sein. Aufgrund meiner MCAS und Salicylatintoleranz wäre eine Chelatierung und Ausleitung der Schwermetalle jedoch zu riskant. Daher kann ich nur dafür sorgen, durch eine optimierte Entgiftung die aktuelle Belastung so niedrig wie möglich zu halten. Zeolith-Bentonit und Kohle sind meine täglichen Begleiter. Auch muss ich so weit wie möglich auf Meeresfisch und Reis aufgrund der hohen Arsen- und Quecksilberbelastung verzichten. Darüber hinaus versuche ich, die einzelnen Entgiftungsorgane und genetisch beeinträchtigten Entgiftungswege wie z.B. MTHFR durch Nahrungsergänzungsmittel und Übungen zu unterstützen.  





[i] https://www.hashimoto-info.de/hpu-kpu.html, zuletzt aufgerufen am 14.02.2024

Donnerstag, 13. Juni 2024

Wut

 


Aggressionen, die sich in Wut, (Jäh-)zorn, Ärger oder gar Hass zeigen, können sehr destruktiv sein und zu Verletzungen, Gewalt und Vernichtung führen. Viele Betroffene lehnen diese Gefühle daher allein aus diesem Grund gänzlich ab. Gerade diese Aggressionen können jedoch lebensbejahende, verändernde und kräftigende Reaktionen auf ungute Situationen sein.

Angesichts der Erfahrungen, die Betroffene durch die Erkrankung in unserem Gesundheitssystem machen müssen, ist Wut mehr als berechtigt und sollte unbedingt beachtet und bearbeitet werden, da ansonsten negative Folgen auftreten können. Der richtige Umgang ist jedoch schwer. Vor allem Frauen richten ihre Wut oft unbewusst nach innen. Sie schlucken ihre Aggressionen herunter, was sich in Magenschmerzen, Verspannungen, Schmerzen oder gar Depressionen äußern kann. Oder sie haben noch nie bewusst ihre Wut gespürt, da sie diese Gefühle gänzlich abgespaltet haben. Andere Betroffene werden gefühlsmäßig überflutet und können ihre Aggressionen dadurch nicht mehr kontrollieren. Sie sind überfordert, ständig gereizt und fahren regelrecht aus der Haut. Auch wenn sie nicht gewalttätig werden, kritisieren sie ihre Partner und Kinder meist auf verletzende Art und Weise. Im nächsten Moment fühlen sie sich dann schuldig. Andere verletzen sich selbst, um ihre Wut zu unterdrücken. Auch Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit sowie Fressattacken kommen häufig vor, da der seelische und körperliche Druck einfach zu groß ist. Und nicht zuletzt gibt es Betroffene, die durch die kleinsten Anzeichen von Wut getriggert werden und in der Folge zusammenbrechen. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um ihre eigene Wut oder die ihrer Mitmenschen handelt.

Und doch kann Wut so viel Positives bewirken, sofern sie konstruktiv ausgelebt wird. Haben Sie zum Beispiel schon einmal von gerechter Wut oder gerechtem Zorn gehört? Wut kann Veränderungen herbeirufen. Viele Frauen und Männer in der Geschichte kämpften gegen Ungerechtigkeit auf dieser Welt. Auf Basis ihrer Wut wurden sie laut und verlangten die Gleichberechtigung. Sie stellten sich gegen Diktatoren und ihre Peiniger. Und sie gingen auf die Straße, um Veränderungen zu erreichen – für sich selbst, für ihre Kinder und Kindeskinder. Heute engagieren sich viele Menschen weltweit für den Umwelt- und Tierschutz oder die Rechte der Frauen. Flüchtlingshelfer und Rassismusgegner nutzen ihre Wut, um gegen den Krieg und Rassismus zu protestieren und gleichzeitig zu helfen. Entscheidend dabei ist, dass die Wut auf gesunde und friedliche Art und Weise geäußert und keine Gewalt angewandt wird. Wut, Ärger und Aggression müssen also nicht destruktiv sein. Im Gegenteil: All diese Gefühle sind verantwortlich für vieles Gute auf dieser Welt. Sie geben Kraft und Energie. Außerdem verhelfen sie zu Selbstschutz, Konfliktfähigkeit und Durchsetzungskraft.[i]


wut will gelernt sein

Wenn Sie bisher noch nie Kontakt mit Ihrer Wut hatten, sollten Sie diese anfangs jedoch nur in homöopathischen Dosen kennenlernen. Entscheidend ist, sich dabei nicht zu überfordern und auf emotionale sowie körperliche Grenzen zu achten. Idealerweise verlegen Sie die Annäherung an dieses Gefühl erst einmal in eine Therapiestunde. Anfangs wird Ihren Therapeuten die Zeit, in der Sie sich mit Ihrer Wut beschäftigen, kurzhalten. Später werden Sie Möglichkeiten finden, um die hochkommende Aggression in kleinen Dosen konstruktiv auszuleben. Auch wenn Sie Angst haben, sich oder jemanden während Ihrer Wutausbrüche zu verletzen, sollten Sie sich an einen Therapeuten wenden. Sprechen Sie es aus.

Bitte versuchen Sie jedoch nicht, mit diesem Gefühl allein zu arbeiten. Sie könnten sich selbst schaden oder triggern. Besonders vorsichtig sollten Sie sein, wenn Sie noch nie bewusst mit Wut zu tun hatten oder diese zu lange aufgestaut haben.  Ein guter Therapeut wird sich dann mit Ihnen zusammen in kleinen Schritten Ihren Aggressionen nähern und Ihnen mehr über die positiven Seiten der Wut erzählen. Konstruktiv eingesetzt und ausagiert, kann diese Grenzen setzen. Sie hilft Ihnen, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen, Nein zu Sagen und einen gesunden Egoismus zu entwickeln.[ii]

Achten Sie in einer Therapie jedoch darauf, dass Sie nicht zu destruktiven und gefährlichen Verhaltensmustern wie z.B. zu unkontrollierter Wutarbeit aufgefordert werden. Nach wie vor kommt es vor, dass Klienten in der Therapie mit einem Stock oder Tennisschläger auf einen Schaumstoff-Ballen oder ein Kissen einschlagen sollen. Aber diese destruktiven, unkontrollierbaren Methoden sind zum einen veraltet und zum anderen völlig kontraproduktiv und zudem stark triggernd. Inzwischen wird schonender vorgegangen und darauf geachtet, dass Betroffene ihre Wut auf konstruktive und gesunde Art und Weise ausdrücken. Dazu zählt z.B. auch, die eigenen Körpersignale in Hinblick auf Wut besser kennenzulernen. Typische Merkmale für Wut sind gesteigerte Anspannung, zusammengepresster Kiefer oder geballte Fäuste, schwerer Atem und hoher Puls. Darüber hinaus können Sie das Gefühl haben, von einer Hitze- oder Energiewelle erfasst zu werden.[iii]

Wenn Sie im Alltag diese ersten körperlichen Anzeichen registrieren können, haben Sie schon viel erreicht. Sie können dann in brenzligen Situationen versuchen, sich eine Auszeit nehmen, um einen Ausbruch zu vermeiden. Zählen Sie langsam bis zehn (oder vielleicht sogar auf 100). Atmen Sie tief durch. Trinken Sie einen Schluck Wasser. Und ganz wichtig: Sagen Sie oder tun Sie nichts, was Sie später bereuen könnten.[iv]

Versuchen Sie stattdessen, ihre Wut auf gesunde Art und Weise auszudrücken. Dies geschieht, wenn Sie z.B. respektvoll über die eigene Wut sprechen oder sie schriftlich in Worte fassen. Später können Sie Ihre Wut symbolisieren und ein Bild malen. Oder schreiben Sie einen Brief. 


Wutskill-listen

In diesem Zusammenhang ergibt es Sinn, eine Wut-Skill-Liste anzulegen. Nutzen Sie die Skills anfangs jedoch nur in der Therapie. Später, wenn Sie die Wut kontrollieren können, können Sie die Skills auch allein zuhause anwenden. Begrenzen Sie aber die Zeit: Maximal 5-15 Minuten sollten Sie sich mit Ihrer Wut beschäftigen, selbst wenn Sie das Gefühl haben, dass diese nicht ausreichen. Es ist wichtig, wieder aufhören zu können. Dadurch lernen Sie, Ihre Wut selbst zu dosieren und sie damit auch selbst zu kontrollieren. Die Skills helfen vor allem, wenn Sie das Gefühl haben, von Ihrer Wut überwältigt zu werden.

Kurzfristige Wutskills[1]

 ·        Ein Bild über die Wut malen

·        Einen Brief über oder an Ihre Wut schreiben

·        Einen Brief an die Menschen schreiben, die Sie geärgert haben

·        Die Wut gestalten, z.B. mit Ton 

·        Wut- oder Knautschbälle kneten

·        Ein Handtuch wringen

·        Zeitungen und Zeitschriften zerreißen

·        In den Wald gehen und laut brüllen

·        Laut singen

·        (Tanzen und Stampfen bzw. sich bewegen)

·        Altpapier (Kartons sind gut!) und Altglas wegbringen

·        (Fenster putzen)

·        Entrümpeln

Mittelfristige Ressourcen gegen die Wut

·        Gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung agieren

·        Grenzen setzen und „Nein“ sagen

·        Rhetorik-Kurs; Seinen eigenen Standpunkt in Diskussionen klar vertreten

·        Kunst: Malen, Schreiben, Dichten, Singen…

·        (Selbstverteidigungskurs)

 

triggersuche

Nach einem Wutanfall ist es sinnvoll, sich die Situation noch einmal vor Augen zu führen und zu reflektieren, ob die Wut angebracht war. So werden Sie mit der Zeit einige Wut-Trigger entlarven können. In der Therapie können Sie dann überlegen, welche Trigger gerechtfertigt sind und wie Sie darauf eventuell besser reagieren können. Andere Trigger können eher der Vergangenheit zugeordnet werden. Sie sind für die Gegenwart ungefährlich und sollten dann im nächsten Schritt entschärft werden.

Bei der Triggersuche sollten zudem körperliche Ursachen mit einbezogen werden. Viele Betroffene sind z.B. sehr gereizt, wenn sie sich in einem Crash befinden und fahren dann wegen Kleinigkeiten aus der Haut. Frauen können im Rahmen ihres monatlichen Zyklus oder während der Wechseljahre aufgrund von Hormonschwankungen an Wutausbrüchen leiden. Aber auch eine Hormonersatztherapie kann zu Problemen führen. Und zu guter Letzt kann auch eine Übermethylierung verantwortlich sein für die unbegründete Wut sein.[2] Wenn eine körperliche Ursache festgestellt wurde, sollten Sie diese unbedingt behandeln. Denn diese Wut kostet Kraft, die Sie eigentlich nicht besitzen.


Ich selbst hatte einmal aufgrund eines Gestagens, das mir verordnet wurde, jeden Abend heftigste Wutanfälle, die in Sui**Gedanken endeten. Zum Glück war der Zusammenhang zu dem Hormonpräparat, das ich immer abends einnehmen sollte, so klar, dass ich nicht lange rätseln musste. Nachdem ich es abgesetzt hatte, war der Spuk auch schon wieder vorbei. Gleichzeitig weiß ich, dass ich bei Crashs grundsätzlich gereizter bin als im Normalzustand. Daher ist eine unbegründete Gereiztheit, die im buchstäblichen Sinn mit einer höheren Reizempfindlichkeit einhergeht, für mich immer ein Alarmsignal.

Und zu guter Letzt kenne ich auch die Zeichen einer Übermethylierung. Da ich genetisch bedingt eher untermethyliert bin, arbeite ich mit Nahrungsergänzungsmitteln, die mir auch sehr helfen. Im letzten Jahr vermutete ich aufgrund einer höheren Gereiztheit jedoch eine Übermethylierung, was ich durch einen Bluttest dann auch bestätigt bekam. Nachdem ich ein gewisses NEM absetzte, ging es mir diesbezüglich wieder besser.


Eventuell werden Sie aber auch feststellen, dass hinter dem Trigger für die – angstbesetzte und unerwünschte – Wut ein ganz anderes Gefühl wie z.B. Scham oder Schuld steckt. Dann gilt es, sich zuerst um dieses Gefühl zu kümmern.[v]

Und nicht zuletzt ergibt es Sinn, auf der inneren Bühne nachzuschauen, um herauszufinden, welcher Anteil Wut empfindet und welcher Anteil konstruktiv mit der Wut umgehen könnte.

 



[1] Es gibt noch mehr Wut-Skills. Ich habe jedoch nur diese aufgeführt, die zumindest bei einer milden ME/CFS noch möglich sind – und die kontraindizierten Bewegungsmöglichkeiten wie Rennen, Boxen etc. nicht berücksichtigt. Auch einige weitere Skills sind kritisch in Hinblick auf die körperliche Belastbarkeit. Diese habe ich in Klammern gesetzt.

[2] Mehr Informationen zum Methylierungszyklus und seinem Einfluss auf das psychische sowie körperliche Wohlbefinden finden Sie u.a. auf https://www.intelligent-gesund.de/methylierung/ oder in dem Buch „Schmutzige Gene“ von Dr. Ben Lynch



[i] Ebenda

[ii] Spangenberg, Ellen (2008): Dem Leben wieder trauen. Traumaheilung nach sexueller Gewalt. S. 130

[iii] Boon, S. und weitere (2013): Traumabebedingte Dissoziation bewältigen. Ein Skills-Training für Klienten und ihre Therapeuten. S. 258

[iv] Ebenda, S. 259

[v] Ebenda, S. 253

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