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Freitag, 17. Mai 2024

Blutwäschen


Bei der Behandlung von ME/CFS-Betroffenen gibt es unterschiedliche Formen der Blutwäsche, die offlabel eingesetzt werden und damit auf eigenes Risiko sowie eigene Kosten getragen werden müssen.

Bei einer Blutwäsche wird Blut aus dem Körper durch einen Filter und zurück in den Körper gepumpt. Die bekannteste Form der Blutwäsche in Deutschland ist die Dialyse, die bei Nierenkranken eingesetzt wird.

An Bekanntheit zugenommen hat zudem die Help-Apherese, die durch die Ärztin Beate Jäger und ihre erfolgreiche Long Covid-Therapie u.a. in einer Sendung von Dr. Hirschhausen für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Bei der Help-Apherese werden Gerinnungsfaktoren und Cholesterin aus der Blutbahn entfernt, so dass die Mikrozirkulation wieder intakt ist. Bei den meisten ihrer Probanden nahmen die Long Covid-Symptome nach mehreren Sitzungen ab. Leider gab es jedoch auch Patienten, die nach den Anwendungen gecrasht sind, wobei die Ursachen dafür jedoch noch nicht klar sind. Genauso unklar ist die Studien- und Datenlage. Daher bleibt es ein teurer Versuch, der von den Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden muss.

Eine weitere Form der Blutwäsche ist die Immunadsorption. Diese Therapie wäre ideal für Patienten mit hohen Neurotransmitter-Autoantikörpern, da diese aus dem Blut gefiltert werden. Leider muss diese Therapie regelmäßig wiederholt werden, da die positive Wirkung zeitlich begrenzt ist. Die Kosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, sind zudem sehr hoch. Auch hier steht die Forschung noch ganz am Anfang.

Die dritte Methode der Blutwäsche, die bei ME/CFS-Patienten des Öfteren in Einsatz kommt, ist die Inuspherese, die vor allem von Umweltmedizinern angeboten wird. Bei dieser werden Umweltgifte, Schadstoffe und Schwermetalle aus dem Blut gefiltert. Anbieter sprechen auch davon, dass Viruspartikel und Autoantikörper gefiltert werden können. Die Datenlage für die sehr teuren Behandlungen ist jedoch nach wie vor unklar. Daher müssen auch diese vom Patienten selbst bezahlt werden.

Prof. Dr. Moldrings warnt vor den Risiken der Blutwäschen bei gleichzeitiger MCAS. In seinem Buch „Die systemische Mastzellerkrankung“ weist er explizit auf die Gefahren dieser Therapien hin. Da ich selbst aus Selbsthilfeforen genügend Patienten kenne, die trotz ihrer MCAS diese Therapien ausprobiert haben und meistens eine Verschlechterung erleben mussten, glaube ich ihm in diesem Punkt. Seien Sie daher vorsichtig, falls Sie sich trotz MCAS dafür entscheiden sollten.

Einen sehr hilfreichen Artikel mit dem Titel „Arten der Apherese und welche Art für welchen Zweck geeignet ist“ finden Sie unter dem link https://de.apheresiscenter.eu/f/types-of-apheresis-and-which-type-is-suitable-for-which-purpose.



Donnerstag, 18. Juli 2024

Charité: Studienteilnehmer für Immunadsorption gesucht



Die Charité Berlin sucht Studienteilnehmer für die Immunadsorption.

Die Immunadsorption ist eine Blutwäsche, über die ich in diesem Blog bereits berichtet habe: Blutwäsche

Gesucht werden Patienten
- zwischen 18 und 65 Jahren
- mit ärztlich gesicherter ME/CFS Diagnose (nach Kanadischen Konsensus Kriterien), sowie
- mit Kernsymptomatik der Fatigue, die nicht länger als 5 Jahre besteht.
- mit max. 3 h Fahrzeit.
- bevorzugt ohne Post-Covid-Bezug, also nach EBV etc. bzw. ohne bekannten Auslöser.

Die Studie wird folgendermaßen beschrieben:

Die Studie ist mit einer Shamapherese, d.h. 2/3 der PatientInnen erhalten eine Immunadsorption und 1/3 der PatientInnen ist quasi in einem Sham Arm, der keine Immunadsorption erhält.

ALLE PatientInnen bekommen einen Zugang über den die Immunadsorption läuft, der zentral (Shaldon Katheter) oder peripher liegt, je nachdem wie der Venenstatus ist.

Zu den Untersuchungen gehören neben MRT, Fragebögen, Neuropsychologie auch eine Nervenwasseruntersuchung vor und nach der Immunadsoprtion zur Suche nach Inflammation und Autoantikörpern.

Vor dem ganztägigen stationären Aufenthalt werden 6 Termine ca. jeweils 2h für Untersuchungen stattfinden.

Kontaktaufnahme
bitte ausschließlich über die Studienemail studie-neuroimmunologie@charite.de mit dem Betreff „Interesse an IA-PACS-CFS Studie“.



Samstag, 25. Mai 2024

ME/CFS und Co: Ist Heilung möglich?


Über obige Frage wird in manchen Foren und Gruppen teilweise auf heftigste Art und Weise diskutiert. Die Diskussionen haben bisweilen eine Schärfe, die mich sehr erschreckt. Nicht selten führen sie dazu, dass das eine oder andere Mitglied ein Forum oder eine Gruppe wieder verlässt. Beklagenswert ist dabei ein Schwarz-Weiß-Denken, das ich grundlegend ablehne.

Denn in den Chats wird oft gar nicht geklärt, worüber man genau streitet:

- Geht es um Long Covid, wo bewiesen wurde, dass ein Teil der Betroffenen wieder gesund werden kann?

- Geht es um eine reine Fatigue, die oft als Nachwirkung von anderen Erkrankungen auftritt?

- Oder ist es wirklich eine diagnostizierte ME/CFS?

Auch wird bei dieser Frage häufig außer Acht gelassen, dass jüngere Menschen sehr viel mehr Chancen haben zu genesen als ältere Betroffene – und dass selbstverständlich die Dauer der Erkrankung eine Rolle spielt. Ein weiterer Faktor, der oft vernachlässigt wird, sind die Begleit- und Folgeerkrankungen, die es zu beachten gilt, wenn man über die Frage der Heilungschancen spricht. Und schlussendlich gibt es die Erfahrung einiger langjährigen Erkrankten, die über einen wellenförmigen Verlauf der Erkrankung berichten können – und daher in ihrem Leben Phasen hatten, in denen sie als „geheilt“ galten, aber eben auch Rückfälle zu verzeichnen haben. Eine differenzierte Sichtweise tut daher dringend Not, für die ich an dieser Stelle nochmals plädieren möchte.

Auch ich hatte zu Beginn meiner Erkrankung nach einem Jahr der Erkrankung das Gefühl, wieder gesund zu sein. Damals ging ich noch von einer psychischen Ursache sowie einem Burnout aus. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich 2005 auf unserer Hochzeit das Gefühl hatte, wie „Phönix aus der Asche“ wiedergeboren zu sein. Wenn ich damals schon in Foren unterwegs gewesen wäre, dann hätte ich das auch genauso dargestellt. 

Heute muss ich angesichts dessen, was mich später noch alles erwarten sollte, leise schmunzeln. Ich war ganz und gar nicht geheilt. Und die Entscheidung wieder ins Berufsleben zurückzukehren, war eine der dümmsten Entscheidungen angesichts der schweren Erkrankung. Ende 2006 war ich ein Wrack und kränker denn je. Aber leider wusste ich damals noch nicht, woran ich wirklich leide.

Völlig unangebracht finde ich zudem manche Kommentare von Leuten, denen es dank einzelner Maßnahmen wie Gupta, Blutwäsche besser geht wie z.B. „Du bist nur noch nicht gesund, weil Dein Mindsetting nicht stimmt.“

Es ist in Ordnung, wenn wieder Genesene stolz auf sich sind. Sie sollten sich jedoch immer vor Augen führen, wie unterschiedlich sich diese Erkrankung zeigen kann. Den wenigsten hilft nur eine Maßnahme, sondern eine Kombination vieler unterschiedlicher Methoden. Viele haben gar nicht das notwendige Geld, um manche Therapie zu bezahlen und sich dadurch bereits abgehängt. Und zu guter Letzt sind für manche Menschen gewisse Methoden einfach kontraindiziert, z.B. bei MCAS. Daher sollten wir Betroffenen bei allen Bemühungen demütig bleiben – und in guten Phasen achtsam bleiben, um uns nicht zu überfordern. Menschen, denen es wieder besser geht, sollten sich darüber im Klaren sein, dass es immer wieder Rückfälle geben kann. Skeptiker, die an absolut keine Heilung glauben, sollten sich wiederum daran erfreuen, dass es anderen gerade wieder gut geht – und deren Erkrankung nicht in Frage stellen.

Lasst uns daher bei diesen Diskussionen auf das Gemeinsame besinnen: Wir wollen, dass es uns besser geht! Wir wollen wieder mehr Lebensqualität und wieder einen normaleren Alltag haben. Und wir wünschen uns Linderung von unseren Schmerzen.

Hilfreich ist in diesem Sinne, Heilung nicht als Ziel, sondern als Weg zu begreifen. Mit diesem Verständnis ist Heilung kein punktuelles, einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess. Betroffene beginnen diesen mit ihrer Entscheidung, sich mit ihrer Heilung zu beschäftigen. Sie begeben sich damit auf einen Weg, der aus vielen kleinen und großen Schritten besteht. Egal, ob am Ende Genesung oder Linderung von Beschwerden steht: Der Weg sollte zumindest beschritten werden.

Ich vergleiche meinen Heilungsweg gern mit einer Spirale oder einer Wendeltreppe. Oft begegnen mir alte Themen und Symptome wieder, aber meist auf einem höheren Bewusstseinsniveau und mit einem anderen Hintergrundwissen sowie einer gewachsenen Handlungsfähigkeit. Bei jeder Begegnung mit einem Thema habe ich mehr Boden unter den Füßen.[i] So wachse ich in Kreisen und werde mit jeder neuen Erkenntnis ein wenig ruhiger und körperlich sowie emotional gesünder. Auch wenn ich das Ende der Spirale nicht sehen kann, bleibe ich auf meinem Weg. Denn er lohnt sich. Die Symptome werden weniger und nehmen in ihrer Stärke ab. Da ich inzwischen genügend Basiswissen über die Entstehung und Wirkung der einzelnen Symptome habe, kann ich viele auch besser einschätzen und kontrollieren. Ich kann mich besser entspannen.

Zudem ist mein Körper zum festen Bestandteil meiner Selbst geworden. Er ist mein Frühwarnsystem und muss aufgrund meiner Erkrankungen vor vielen Einflüssen geschützt werden. Aber er bekommt nun auch meine volle Aufmerksamkeit. Ich spüre ihn inzwischen meistens und nehme ihn wahr. Darüber hinaus kann ihn inzwischen pflegen und gut für ihn sorgen. Jedoch ist mein Wohlergehen auf ein wohltuendes und liebevolles sowie freundliches Umfeld angewiesen. Darum muss ich mich nach wie vor sehr schützen. Ein „kleines, feines Leben“ ist unabdingbar. Viel Ruhe, Routine, Stille und Achtsamkeit begleiten mich in meinem Alltag. Daher ist mein Weg der „Heilung“ auch noch nicht zu Ende. Es ist gut möglich, dass er auch mein ganzes weiteres Leben bestimmen wird. Auch ich habe schlechte Zeiten, an denen ich verzweifle. Aber es ist meistens ein guter Weg, der mich mit Vielem beschenkt. Daher bin ich trotz allem in den meisten Zeiten dankbar und glücklich. Ich habe die starke Zuversicht, dass „Heilung“ zwar nicht im medizinischen, aber in einem übergreifenden Sinne möglich ist.

 


[i] Lee Cori, Jasmin (2015): Das große Trauma-Selbsthilfebuch: Symptome verstehen und zurück ins Leben finden. S. 137/ 138.

Der Schwergrad-Rechner für ME/CFS und Long/ Post Covid aus der Schweiz: FUNCAP

In der Schweiz wurde von Forschern ein Fragebogen inkl. Rechner entwickelt, um die funktionelle Leistungsfähigkeit bei ME und Long Covid fes...